Weil die USA viel Geld in ein Impfstoffprojekt investiert haben, wollte Sanofi sie bei einer Auslieferung bevorzugen.

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Noch liegt eine Impfung gegen das neuartige Coronavirus in weiter Ferne. Doch das Gerangel zwischen einzelnen Staaten, wer erste Lieferungen erhält, hat längst begonnen. Mittendrin sind der Pharmariese Sanofi aus Frankreich und der britische Konzern Glaxo Smith Kline, die zusammen an einem Impfstoff forschen.

Für Wirbel sorgte zuletzt Sanofis Ankündigung, die USA bevorzugt zu behandeln: "Die US-Regierung hat das Recht auf die größte Vorbestellung, weil sie als Investor das Risiko auf sich genommen hat", sagte Konzernchef Paul Hudson der Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch. In Frankreich reagierte man empört. Die Staatssekretärin für Wirtschaft und Finanzen, Agnès Pannier-Runacher, ermahnte den heimischen Pharmakonzern am Donnerstag: "Es wäre natürlich inakzeptabel für uns, wenn das eine oder andere Land aus finanziellen Beweggründen einen privilegierten Zugang erhalten würde, insbesondere im aktuellen Kontext."

Paris geht es aber nicht um den eigenen Zugang, machte Premierminister Édouard Philippe auf Twitter klar: "Ein Impfstoff gegen Covid-19 ist wie ein weltweites öffentliches Gut. Zugang für alle zu dem Impfstoff ist keine Verhandlungssache." Die EU-Kommission stieß am Donnerstag ins selbe Horn. Der Zugang zu einer Impfung müsse "gerecht und allgemein" sein, sagte ein Sprecher. Solidarität und eine enge Koordination seien die effektivste und sicherste Antwort auf die Krankheit.

Sobald ein Impfstoff entwickelt sei, werde Brüssel darauf hinarbeiten, dass er so schnell wie möglich zugelassen werde. Dann sollte der Zugang gesichert und eine Ausweitung der Produktion in Europa in Betracht gezogen werden, erklärte der Kommissionssprecher.

Sanofi will Wogen glätten

Mit der Kritik aus Paris und Brüssel konfrontiert, ruderte Sanofi zurück. Der Leiter des Frankreich-Geschäfts des Konzerns, Olivier Bogillot, erklärte im französischen Fernsehen, man werde einen Impfstoff allen zugänglich machen: "Wenn Sanofi einen Durchbruch bei einem Covid-19-Impfstoff erzielt und dieser wirksam ist, werden wir ihn allen zur Verfügung stellen."

Damit versuchte der Pharmakonzern zwar Sorgen auszuräumen, die ursprüngliche Empörung bezog sich aber nicht auf den generellen Zugang, sondern auf die Größe der Kontingente, die einzelne Länder anfangs erhalten sollten. Dazu spielte Sanofi den Ball an die EU-Kommission zurück. Es stimme, dass der Pharmakonzern eine Zusammenarbeit mit der US-Regierung begonnen habe, sagte Bogillot, die EU müsse ebenso wirksam dabei helfen, den Impfstoff verfügbar zu machen.

Geld aus den USA

Sanofi und Glaxo Smith Kline hoffen, im nächsten Jahr einen Impfstoff verfügbar zu machen. Die beiden Unternehmen erhalten finanzielle Unterstützung des US-Gesundheitsministeriums. Zwar laufen auch Gespräche mit der EU-Kommission über eine Unterstützung, doch die USA haben einen Deal schneller abgeschlossen. Als erster Geldgeber für ein teures Projekt mit ungewissem Ausgang nehmen die USA als Investor das größte Risiko in Kauf.

Washington hat unter dem Titel "Operation Warpseed" eine Milliarde Dollar (930 Millionen Euro) für Pharmakonzerne vorgesehen, die an einem Covid-19-Impfstoff arbeiten. In der Vergangenheit hatte US-Präsident Donald Trump bereits für Aufsehen gesorgt, weil er US-finanzierte Wirkstoffe anfangs exklusiv seinen Landsleuten vorbehalten wollte.
(Leopold Stefan, 15.5.2020)