Die Promi-Wurschtigkeit herrscht vor: selbst die Vorgänge rund um das englische Königshaus sind verglichen mit dem Virus uninteressant.

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Kommen wir heute zur nächsten Folge unserer Endlosserie "Corona und die Folgen". Eine Folge von Corona ist die, dass ich mich seit Wochen nicht mehr in der Lage fühle, mich für das Privatleben der sogenannten Prominenten ("Promis") zu interessieren.

Nicht, dass ich mich sonst sehr dafür interessieren würde. Ich glänze zum Beispiel mit notorischer Unkenntnis des englischen Königshauses, einem der Lieblingsobjekte aller engagierten Promi-Watcher. Ich kriege in dieser unübersichtlichen Ansammlung von großohrigen und rotköpfigen Aristos ständig alle durcheinander. War jetzt Andrew oder Philipp oder Henry der langjährige Kopulationskumpel von Jeffrey Epstein? Was ist eigentlich aus der Naziuniform von Prinz Harry geworden? Trägt er sie immer noch selber auf, oder hat er sie in die Altkleidersammlung zugunsten notleidender Rechtsradikaler gegeben?

Guilty Pleasure

Und welcher Windsor treibt derzeit – außerehelich, versteht sich – den intensivsten morganatischen Geschlechtsverkehr mit irgendwelchen geilen Untertaninnen? Ich weiß, dass vor allem viele Frauen auf die Beantwortung dieser Fragen drängen, weil es tröstlich für sie ist, wenn sie erfahren, dass es im englischen Königshaus noch größere Trottel gibt als ihren eigenen Ehemann. Aber: Sie müssen schon das Goldene Blatt oder das Schlichte Herz nach Antworten fragen, ich kann sie Ihnen beim besten Willen nicht geben.

Normalerweise pflege ich mein Promi-Interesse als gelegentliches kleines Guilty Pleasure. Damit ist jetzt Schluss. Die Ursache dafür? Ist das Coronavirus, wer sonst. Die Nanosau zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Für Promis bleibt nichts übrig. Ob Frau Klum mit ihrem Popwastl von Tokio Hotel glücklich ist oder der Haussegen schief hängt, ist mir so wurscht wie lang.

Keinesfalls wünsche ich, darüber informiert zu werden, wie "Tommy" Gottschalk seinen 70er feierte oder welche Geheimrezepte Jennifer Lopez in petto hat, um den Popo frisch und knackig zu halten. Dass Billie Eilish von einem Stalker buseriert wird, ist bedauerlich, ficht mich aber nicht weiter an. Die momentane Befindlichkeit von Andreas Gabalier, ist mir, auf gut Germanisch ausgedrückt, schnurz, jene von Richard Lugner piepe. Es herrscht die große Promi-Wurschtigkeit in meinem Geiste, und das ist gut so. Wer die Verantwortung dafür trägt, wissen Sie ja. Nanosau rules. (Christoph Winder, 16.5.2020)