Corona breitet sich in Lateinamerika aus. Die Folgen für den Anbau von fair gehandelten Bananen sind ungewiss.

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Wien – Corona hat den Riss, der sich durch die Gesellschaft zieht, vertieft, sagt Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich. "Wer am wenigsten verdient, musste raus und seine Gesundheit riskieren. Die besser Bezahlten saßen daheim im Homeoffice."

Für Kirner ist die Welt seit der Krise an einem Scheideweg angelangt. Die Frage sei, ob sie die richtigen Lehren daraus ziehe. "Sehen wir künftig, wie wichtig es ist, Nahrungsmittelversorgung weltweit nachhaltig sicher zu stellen? Oder gilt bald wieder das Recht des Stärkeren? Wird Solidarität als Schwäche betrachtet?" Dass extreme Globalisierung einen Dämpfer erfahren habe, ist für ihn jedoch unbestritten. "Probleme nach China auszulagern und sich nicht weiter dafür zu interessieren, spielt es nicht mehr."

Kein billiger Ramsch

Was die Konsumgewohnheiten der Österreicher betrifft, habe Corona viel in den Köpfen bewegt, was weit über die Krise hinauswirken werde, ist Kirner überzeugt. Lebensmittel hätten im Vergleich zu Produkten wie Mode und Handys an Bedeutung gewonnen. Wer gelernt habe, selber daheim zu kochen, kaufe dafür nicht mehr den billigsten Ramsch.

Der faire Handel selbst sei in Österreich in den vergangenen Wochen ohne schwere Blessuren durch den Shutdown gekommen. Der Konsum von fair gehandelten Bananen etwa sei stark gestiegen. Zumal dank offener Schiffshäfen auch internationale Lieferketten gut funktionierten. Absatzeinbussen von bis zu 80 Prozent gab es hingegen im Großhandel mit Blumen. Der eingestellte Flugverkehr kappte Importe aus Produktionsländern wie Nairobi. Bei Fairtrade-Kaffee in der Gastronomie erwartet Kirner heuer anders als in den Jahren zuvor keine Wachstumssprünge. Viele Betriebe kämpften ums Überleben. Die Branche habe jetzt andere Probleme.

Sorge um Afrika und Lateinamerika

Sorge bereitet Kirner der Ausbruch von Corona in Afrika und Lateinamerika. Derzeit sei völlig offen, wie sich die Folgen des Virus etwa auf den Anbau von Bananen auswirkten. Fairtrade schnürte ein Hilfspaket im Volumen von 3,5 Millionen Euro für Schutzmaßnahmen in den Produktionsländern. Standards in der Administration wurden temporär gelockert, um die Geldflüsse zu den Landwirten zu beschleunigen.

Im Vorjahr hat Österreichs Handel mit fair gehandelten Produkten 351 Millionen Euro umgesetzt, ein Zuwachs von mehr als fünf Prozent. Knapp 54 Millionen Dollar flossen aus Österreich an Direkteinnahmen an die Produzentenorganisationen. Stark an Gewicht gewonnen haben Bananen und Kaffee. (Verena Kainrath, 15.5.2020)