Die Gastronomie startet ab Freitag mit der Bewirtung unter Auflagen. Schon in wenigen Wochen werden von der Stadt an sämtliche Wiener Haushalte Gutscheine verschickt – um den Konsum anzukurbeln. Was steckt dahinter – darüber wollten wir mit Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) sprechen.

STANDARD: Die Stadt Wien verteilt Gastro-Gutscheine an alle Haushalte. 25 Euro für Single-, 50 Euro für Mehrpersonenhaushalte. Wie sind Sie überhaupt auf so eine Idee gekommen?

Hanke: Weil ich die Wirtschaftslandschaft genau beobachte und sehe, welche Probleme im Bereich der Gastronomie da auf uns zukommen. Wer durch die Stadt geht, sieht, dass viele Geschäfte gar nicht offen sind, manche sperren erst am Nachmittag auf. Es ist eine hohe Verunsicherung da. Das trifft auch die Gastronomie: Viele Restaurants und Kaffees leben auch von Touristen, die zurzeit gar nicht kommen. Hinzu kommen Auflagen, die in Wirklichkeit dafür sorgen, dass man nur 50 Prozent der Plätze besetzen kann. Da kann man sich ausrechnen, welche Probleme die Branche bekommen wird. Mir war es wichtig, hier gezielt – zusätzlich zum Bund – eine Unterstützung zu bieten.

STANDARD: Nun passiert aber die Förderung mit der Gießkanne. Der Millionär in Döbling bekommt ebenso Gutscheine geschenkt. Ist das nicht völlig unsozialdemokratisch, mit der Gießkanne allen etwas zu geben – und damit auch vielen, die nichts brauchen? Das Ganze kostet schließlich 40 Millionen Euro.

Hanke: Nein, das sehe ich nicht so. Wir erleben eine beispiellose Wirtschaftskrise, die wir in der Tiefe nicht gekannt haben. Sehen Sie sich allein die Zahl der Arbeitslosen an. Es ist daher gut, eine schnell wirksame und kräftige Antwort zu geben, bei der wir zeigen, dass wir eine positive Stimmung für den Standort Wien erzeugen wollen.

STANDARD: Aber die Frage ist, warum auch Menschen den Gutschein bekommen, die sich den Wirtshausbesuch sowieso problemlos leisten können.

Hanke: Die werden sicher mehr als die 50 Euro konsumieren. Aber wenn wir hier beginnen, mit sämtlichen Filtern zu arbeiten, dann fließt am Ende mehr Geld in die Bürokratie als in die Gastronomie – und wir können nicht schnell unterstützen. Es ist kein Zufall, dass wir die Gutscheine zwei Tage vor der Wiederöffnung der Gastronomie angekündigt haben. Damit wollen wir den Wirten sagen: Bitte sperrt auf, wir werden auch als Stadt unterstützen und versuchen, alle Wiener zu motivieren, den Konsum hochzufahren. Nach zwei Monaten Lockdown sind die Menschen verunsichert. Da ist so eine Initiative genau richtig.

Bleiben die Umsätze auch nach der Wiederöffnung niedrig? Einiges deutet darauf hin.
Foto: APA

STANDARD: Hätte man nicht zum Beispiel das Arbeitslosengeld von der Stadt aus aufstocken können?

Hanke: Die Erhöhung des Arbeitslosengelds ist auch eine Forderung der Sozialdemokratie. Ich hielte das für eine ganze wichtige Maßnahme, von 55 auf 70 Prozent aufzustocken. Aber da ist der Bund über das AMS gefragt. Wir haben im Bereich der Stadt Wien in den vergangenen acht Wochen viele Maßnahmen getroffen – in den Bereichen Arbeit, Gesundheit, Soziales und Wirtschaft. Der Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds (Waff) nimmt zusätzlich Geld in die Hand, es gibt verschiedene Unternehmerförderungen. Wien bietet Unternehmen auch an, Eigenkapital in Form von Beteiligungen zur Verfügung zu stellen, um die Krise besser überstehen zu können.

STANDARD: Aber warum keine Förderung für Alleinerziehende? Oder mehr Geld für Arbeitslosenschulungen? Der Waff bekommt drei Millionen Euro mehr, da ginge noch was.

Hanke: Wir setzen dort gezielt Maßnahmen, wo das ergänzend zu den Aktivitäten des Bundes sinnvoll ist. Wien hat durch die vielen Lokale eine Eigenständigkeit, einen Pluralismus, der erhalten werden soll, und ich mache mir Sorgen, dass viele unter die Räder kommen. Was vom Bund angeboten wird, ist zwar gut. Aber in der Auszahlung und Abwicklung dauert das sehr lange. Unsere Förderung dagegen geht sehr schnell, ich denke, das ist ein Momentum, das man nützen muss. Und wir werden uns in weiteren Bereichen engagieren: Die Jugendarbeitslosigkeit ist stark gestiegen, hier werden wir auch überlegen, Unterstützung anzubieten.

Stadtrat Peter Hanke: Bitte sperrt auf.
Foto: APA

STANDARD: Wann wird es die Gutscheine geben?

Hanke: Ab Mitte Juni können die Gutscheine eingelöst werden. Das ist sehr ambitioniert, bei über 900.000 Haushalten wird das auch eine logistische Herausforderung.

STANDARD: Sie haben erwähnt, dass sich Wien auch um direkte Beteiligung bei Unternehmen bemüht. Gibt es da schon welche?

Hanke: Es gibt schon Unternehmen, die sich gemeldet haben. Nach intensiven Vorbereitungen werden wir ab der kommenden Woche die Arbeit mit unserer "Stolz auf Wien Beteiligungsgesellschaft" beginnen. (András Szigetvari, 15.5.2020)