Die SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte am Donnerstag in einer Pressekonferenz Kritik an Lunaceks Krisenmanagement geäußert.

Foto: APA/HANS PUNZ

Wien – Die Opposition hat nach dem Rücktritt von Kunst- und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) am Freitag auf klare Perspektiven für den Kulturbereich gedrängt. Die SPÖ forderte ebenso wie die Neos eine rasche Neuaufstellung des Ressorts, die FPÖ schlug einen Verzicht auf das Staatssekretariat vor.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rechnet damit, dass die Nachfolgerin der Grünen Staatssekretärin Ulrike Lunacek "zeitnah" angelobt werden kann. Lunaceks Rücktritt kommentierte er bei einer Pressekonferenz in Linz nur knapp: "Das ist eine höchst persönliche Entscheidung, die sie getroffen hat nach einigen auch für sie persönlich herausfordernden Wochen."

Wenig überraschend

SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda zeigte sich über den Rücktritt nicht überrascht. "Das ist ein verständlicher Schritt und eine persönliche Entscheidung Ulrike Lunaceks, die aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Lunacek mit ihrem Rückzug eigentlich die Verantwortung für das kulturpolitische Scheitern von ÖVP-Kanzler Kurz und Kulturminister Kogler übernimmt", so Drozda in einer Aussendung. Er forderte eine rasche Neuaufstellung des Ressorts: "Es braucht ein starkes Ministerium für Kunst und Kultur, das mit umfassenden Kompetenzen inklusive der Auslandskultur ausgestattet ist." Die von der Regierung lange versprochenen Perspektiven und Lockerungen für Kunst und Kultur müssten schnellstmöglich auf den Tisch.

Die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hat sich am Freitag via Aussendung bei Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (SPÖ) bedankt – gleichzeitig aber befunden, dass der Rücktritt "grundsätzliche Strukturprobleme im Bereich Kunst und Kultur" zeige: "Gerade in der Krise werden kaschierte Schwachstellen virulent und offenbaren über Jahre hinweg gewachsene Missstände." "Spätestens jetzt muss klar sein, dass ein Land seine Kulturschaffenden nicht als Bittsteller behandeln kann. In der derzeitigen Situation braucht es keine rhetorischen Floskeln, sondern eine klare Politik und ganz konkrete Maßnahmen", sagte Kaup-Hasler.

"Verheerende Entwicklungen"

Neos-Kultursprecher Sepp Schellhorn äußerte seinen Respekt vor "dieser persönlichen Entscheidung". Kulturminister Werner Kogler (Grüne) müsse nun rasch Antworten für den Kultursektor liefern. "Wir können keine Zeit mehr verlieren und über Personalfragen diskutieren, sondern brauchen, was ich schon immer fordere, eine Person mit der nötigen Qualifikation in diesem Amt", betonte Schellhorn. "Wir brauchen jetzt Planungssicherheit und ein konkretes Konzept für die Kultur."

"Eines hat Ulrike Lunacek in ihrer kurzen Regierungskarriere richtig gemacht – nämlich ihren Rücktritt", meinte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. An den "verheerenden Entwicklungen" seien aber sämtliche Regierungsmitglieder mitbeteiligt gewesen. Man könne jetzt überhaupt auf das Staatssekretariat verzichten, Kogler solle diese Aufgaben mitübernehmen.

Grüne danken

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer bedankte sich indes bei Lunacek. "Ulrike Lunacek hat großartige politische Arbeit für die Grünen geleistet und damit auch die Partei nachhaltig geprägt", wurde Maurer in einer Aussendung zitiert. Lunacek habe stets das politische Interesse vor das persönliche gestellt und auch in schwierigen Phasen für die Grüne Partei Verantwortung übernommen. "Sie hat in vielen Bereichen Pionierarbeit geleistet – als engagierte Feministin, Vorkämpferin für ein vereintes Europa und auch als erste geoutete lesbische Nationalratsabgeordnete, so Maurer. "Wir respektieren ihre Entscheidung, von ihrer Funktion als Staatssekretärin für Kunst und Kultur zurückzutreten."

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gehörte politisch zu den prominentesten Kritikerinnen der Performance der Kulturstaatssekretärin. Nun betonte sie, ihr wären Lösungen für die Kulturbranche lieber gewesen als ein Rücktritt Lunaceks, der sie persönlich alles Gute wünscht. Mikl-Leitner hatte zuletzt einen Brief an die Staatssekretärin geschrieben, in dem sie fünf Problemfelder aufgerissen hatte, die dringend zu berücksichtigen seien. Unter anderem hatte die Landeshauptfrau für die Künstler um Kommunikation auf Augenhöhe gebeten.

Regina Petrik zolle Ulrike Lunacek nach deren Rücktritt als Staatssekretärin "höchsten Respekt", sagte die Landessprecherin der burgenländischen Grünen, am Freitag auf APA-Anfrage. Lunacek habe mit dem heutigen Schritt und ihrem Statement "gezeigt, dass sie eine Politikerin von Format ist und so kenne ich sie auch".

Kritik in eigenen Reihen

Die Innsbrucker Grünen-Vizebürgermeisterin Uschi Schwarzl hat den Rücktritt von Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek zum Anlass genommen, scharf mit dem Corona-Kultur-Krisenmanagement von Schwarz-Grün abzurechnen. Österreich habe in den vergangenen Wochen ein "multiples kulturpolitisches Organversagen" feststellen müssen, kritisierte Schwarzl in einer Aussendung. Der Rücktritt sei Lunacek "hoch anzurechnen". Dem "ersten Schritt", den die Staatssekretärin gesetzt habe, müssten weitere folgen. (APA, 15.5.2020)