In der "Presse" fand neulich der ganzseitige Versuch statt, dem Publikum nahezubringen, was Innenminister Karl Nehammer als Gesundheitsunbefugter eigentlich in der ganzen Corona-Geschichte verloren hatte.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wo der Staat den Künstlern gegenüber schmählich versagt, müssen die Helden her, die das wieder ausbügeln. Zwei davon, sonst stadtbekannt medienscheu, rief Mittwoch "Heute" vor den Vorhang. Es handelte sich um den Verleger Christian W. Mucha und den Dompfarrer Toni Faber. Nachts muss es sein, wenn Muchas Sterne strahlen, also kam’s: Nachts hat man oft die besten Einfälle. "Um 4 Uhr ist es mir eingefahren wie ein Blitz", erzählt Verleger Christian W. Mucha im Talk mit "Heute". Das Einfahren des Blitzes geschah nicht aus heiterem Himmel. Mucha macht sich seit Wochen darüber Gedanken, wie er seinem auftrittlosen Freund und Sänger Andy Lee Lang zu Geld verhelfen kann. Er hätte ihm natürlich längst dazu verhelfen können, indem er ihm welches gibt, aber ein diesbezüglicher Blitz ist offenbar ausgeblieben – bis 4 Uhr früh. Seine Idee nennt er "Soundlifting für ihr Telefon".

Da in der Krise viele Menschen im Homeoffice arbeiten, brauchen Firmen neu besprochene Anrufbeantworter oder Warteschleifen. Muchas Clou: die Unternehmen buchen für das Besprechen oder Besingen der Mailbox Künstler, und diese erhalten dafür tausend Euro, ohne Abschläge. Von wem, blieb offen. Das hätte der Regierung auch einfallen können, aber – kein Blitz. "Die Politik hat hier versagt und ich kümmere mich", so Mucha. Er möchte 100.000 Euro schaffen. Entertainer Lee Lang hat seine ersten zwei Tausender schon bei Wolfgang Cyrols "Neuro Socks" verdient.

Toni Faber hilft doppelt

Helfen will auch Dompfarrer Toni Faber – und zwar gleich doppelt. Er lässt die offizielle Tonbandansage der Dompfarre und sein privates Handy von Kabarettistin Nina Hartmann verschönern, dafür nimmt er 2.000 Euro in die Hand. Ließe er sie eine Messe lesen, mit Andy Lee Lang an der Orgel, müsste er wohl mehr in die Hand nehmen, könnte aber Eintrittsgebühren verlangen. Für den Blitz, der dann auf den Altar niederführe, extra. Die Regierung lässt so vieles aus.

Etwas verwundert konnte man, ebenfalls Mittwoch, in "Österreich" rot unterlegt lesen: Stadt fördert innovativen Qualitätsjournalismus. Wenn es etwas bringt, würde "Österreich" die Stadt Wien für alles Mögliche loben, aber ausgerechnet für die Förderung von innovativem Qualitätsjournalismus? Leserin und Leser ersparte man den Grund für diese neue Begeisterung, es hieß zu diesem Förderprogramm "Wiener Medieninitiative" für qualitativ hochwertige Journalismusprojekte lediglich: Insgesamt wurden 47 Projekte eingereicht, 23 davon werden heuer mit insgesamt 2,5 Millionen Euro gefördert. Wie viel davon für den Medienmogul abfiel, war im "Standard" zu lesen. "Österreich" wollte seine Konsumenten nicht mit dem Verdacht, innovativen Qualitätsjournalismus zu betreiben und sich dafür auch noch fördern zu lassen, abschrecken. Auf dem eingerückten Foto gratulierten Ludwig und Hanke einander mit festem Händedruck zu dem Überraschungscoup, "Österreich" in Qualitätsverdacht gebracht zu haben, Fellner hielt sich lieber abseits. Er weiß, was er sich schuldet.

Guter Bulle, böser Bulle

Um sich dem Gedächtnis der Umwelt gestisch einzuprägen, wie das der deutschen Bundeskanzlerin mit der Merkel-Raute gelang, lässt sich Österreichs Innenminister in der Kurz-Pose mit streng über dem Bauch zusammengeführten Händen ablichten. So in der "Presse", wo neulich der ganzseitige Versuch stattfand, dem Publikum nahezubringen, was Nehammer als Gesundheitsunbefugter eigentlich in der ganzen Corona-Geschichte verloren hatte. Wir wissen es natürlich, seine Aufgabe war, mit markigen Tönen dafür zu sorgen, dass der gesundheitsbefugte Minister medial möglichst klein- und im hierarchisch korrekten Abstand zum allbefugten Kanzler gehalten wurde.

So diskret, wie man das anlegen wollte, konnte es bei einem Nehammer nicht bleiben, was der "Presse" durchaus auffiel. Diese Guter-Bulle-Böser-Bulle-Rollenverteilung – war das ausgemacht zwischen Ihnen?, wollte der Interviewer wissen. Nun spielt zwar jeder Innenminister den harten Mann, die harte Frau, auch Ihre Vorgänger, aber Sie haben schon bewusst auf eine kantige Rolle gesetzt. Na ja, sonst hätte die ganze Polizeischmiere doch nichts gebracht, und dessen war sich Nehammer durchaus bewusst: Das gibt die Rolle eben auch her ... Wenn ich mich dem nicht gewachsen fühle, bin ich fehl am Platz. Aber ich würde sagen: Jeder ist von seiner Art her hier richtig eingesetzt, der Rudi in seiner, ich in meiner.

Und immer schön die Hände in Kurz-Pose vor dem Bauch halten! (Günter Traxler, 16.5.2020)