Gebührenerhöhung in Generalswahljahren wie 2021 unwahrscheinlich – aber spätestens 2022 ist sie zu erwarten: Alexander Wrabetz, bis Ende 2021 zum ORF-Chef bestellt.

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Mit unschönen Aussichten gehen Programmmacher und andere Führungskräfte des ORF in die neue Woche: Finanzdirektor Andreas Nadler verschickt in diesen Tagen die Vorgaben für das Budget 2021. Und die dürften nach den jüngsten Corona-Szenarien für 2020 – zwischen 29 und 55 Millionen operativem Verlust für 2020 – gleich noch einmal grimmiger werden.

Die Herausforderungen des kommenden Jahres lassen sich grob hochrechnen – thematisch jedenfalls:

  • Der ORF muss erwartet deutlich zweistellige Verluste aus 2020 verdauen.
  • Die 2020 Corona-bedingt verschobenen Sportgroßevents Fußball-Europameisterschaft und Olympische Sommerspiele warten 2021 auf den ORF. Die Dimension lässt sich absehen: 30 Millionen Euro erspart sich der ORF 2020 durch vertagte oder abgesagte Sportevents. Ein wesentlicher Teil davon wartet 2021 – und trifft dort auf alpine und nordische Skiweltmeisterschaften.
  • Dreharbeiten und Produktionen werden teurer wegen Corona-bedingter Sicherheitsmaßnahmen am Set. Die Filmschaffenden rechnen mit zumindest 20 Prozent mehr Aufwand – noch ohne bisher ungeklärte Haftungen für Produktionsausfälle. Die will der ORF laut General Alexander Wrabetz bisher zum Unmut der Produzenten nicht (mit-)tragen – über sicherheitsbedingte Mehrkosten zeigt er sich verhandlungsbereit. Aber: Über die Abrechnungsmodalitäten einzelner Drehstopps wegen Corona in den vergangenen Wochen hat sich der ORF nach STANDARD-Infos schon geeinigt.
  • Große Showevents wie "Dancing Stars" im Frühjahr haben die Corona-Maßnahmen verschoben, ein neues TV-Event für ORF 1 war für Herbst kolportiert. Auch hier stellen sich Verschub- und Budgetfragen.
  • Die Einnahmen aus Rundfunkgebühren gehen derzeit merklich zurück, bisher kalkuliert der ORF mit sieben bis neun Millionen Euro weniger für 2020. Arbeitslosigkeit berechtigt zur Befreiung (unter bestimmten Familen-Einkommensgrenzen), Abmeldungen steigen. Eine GIS-Gebührenerhöhung kann zwar laut Gesetz nicht mehr lange auf sich warten lassen – spätestens 2022 muss der ORF wieder rechnen und wird wohl schon inflationsbedingt anpassen wollen. Aber: Im Generalswahljahr 2021 wird Alexander Wrabetz eine Gebührendebatte großräumig meiden.
  • Die mit den Corona-Maßnahmen dramatisch eingeknickte Konjunktur wirkt sich bisher zwar, soweit sich das von außen erkennen lässt, auf die ORF-Werbebuchungen, jedenfalls im Vergleich zu anderen Medien, nicht ganz so stark aus. Doch schon im moderateren Szenario A der Finanzdirektion für 2020 sind das rund 40 Millionen Werbe- und Sonderwerbeerlöse weniger. Einen Werbeboom 2021 erwartet nur eine sehr kleine, sehr optimistische Minderheit.

Solche Ausgangspositionen – und das Generalswahljahr, in dem viele Wünsche, etwa von Bundesländern und damit Landesstudios, Gewicht haben – verspricht einen recht fordernden Budgetprozess im ORF in den nächsten Wochen.

Die übrigen, allesamt deutlich kleineren Medienhäuser in Österreich dürfte das Jahr 2021, sehr vorsichtig formuliert, ebenfalls vor so große Herausforderungen stellen. (fid, 18.5.2020)