Zadić wollte sich zur anstehenden Wiederbestellung ihres umstrittenen Sektionschefs Pilnacek nicht äußern.

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Wien – Genau ein Jahr nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos hat Justizministerin Alma Zadić (Grüne) gesetzliche Folgen der Affäre eingeleitet. Korruption soll auch dann strafbar sein, wenn von einem Politiker die entsprechenden Zusagen gemacht werden, obwohl er die Funktion für deren Umsetzung noch gar nicht inne hat. Da erklärte Zadić bei einer Pressekonferenz am Sonntag.

Hintergrund ist eben die Ibiza-Affäre, bei der der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einer vermeintlichen Oligarchennichte allerlei Gefälligkeiten zugesichert hat. Da der Chef der Freiheitlichen damals aber noch keine Regierungsverantwortung hatte, konnte er für entsprechende Zusagen nicht belangt werden. Insofern wäre es laut Zadić "leider" möglich, dass sich das auf Ibiza Geschehene wiederholt: "Das kratzt an unserem Gerechtigkeitssinn und an unserem Glauben an die Demokratie."

"Zuschieben von Geschäften"

Daher plant die Ministerin nun eben eine strafrechtliche Änderung, wonach eine Person bereits dann in Verantwortung steht, wenn sie sich um ein politisches Amt bemüht. Konkret umfasst wäre das Zuschieben von Geschäften in Gegenleistung für parteipolitische Gefälligkeiten. Damit werde diese Strafbarkeitslücke geschlossen, glaubt Zadić. Die entsprechende Gesetzesänderung soll demnächst in Begutachtung gehen und nach dem Sommer beschlossen werden.

Die Pressekonferenz der Justizministerin zum Nachschauen.
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Ebenfalls in dem Paket enthalten ist ein Passus gegen Mandatskauf. Auch hier gab es ja Vorwürfe gegen die Freiheitlichen, wonach sich Oligarchen auf der Wahlliste der FPÖ einen Platz für einen Mittelsmann gesichert hätten. Ob diese Vorwürfe zutreffen, habe nicht ermittelt werden können, da das gegenwärtig gar nicht strafbar wäre, berichtete Zadić, ohne hier die Beteiligten zu nennen. Künftig soll Mandatskauf sowohl für die Auftraggeber, die angehenden Mandatare und auch für die Vorteile annehmende Partei strafrechtlich untersagt werden.

Mehr Daten

Der dritte Teil des Anti-Korruptionspakets betrifft einen Korruptionsbericht, der mit eigener Statistik in den im Herbst erscheinenden Sicherheitsbericht inkludiert werden soll. Zadić erhofft sich, aus der besseren Datenlage dann noch bessere Entscheidungen zur Korruptionsbekämpfung treffen zu können.

Drastische Vorwürfe

Das könnte aber nicht die einzige Baustelle der Justizminister in Bezug auf Ibiza sein: Aus dem Umfeld der mutmaßlichen Urheber des Videos ging am Sonntag eine Website online, auf der die Causa aus ihrer Sicht zusammengefasst wird. Wie DER STANDARD berichtet hat, wirft die Verteidigung der Videoproduzenten österreichischen Ermittlern Rechtsbeugung und überschießende Maßnahmen vor.

Außerdem betonen die mutmaßlichen Regisseure erneut, dass sie sich bereits 2015 mit Informationen über Straches angeblichen Mandatsverkauf an die Behörden gewandt, dort aber einen Korb kassiert hätten. Aus dem Bundeskriminalamt heißt es hingegen, die Gruppe hätte unmöglich umzusetzende Forderungen gehabt, bevor sie das Material überreicht hätte.

Neu ist, dass die Video-Urheber behaupten, relevante Stellen in der Republik "vorgewarnt" zu haben. Davon ist bislang nichts bekannt.

Schweigen zu Pilnacek

In der Debatte um eine Verlängerung des ebenso prominenten wie umstrittenen Sektionschefs Christian Pilnacek hielt sich Zadić bedeckt. Sie werde die entsprechende Entscheidung am 31. Mai treffen, sagte die Ressortchefin.

FPÖ und Neos hatten am Samstag die Abberufung Pilnaceks gefordert, die SPÖ zeigte sich verstört. Anlass war ein bekannt gewordener Schriftverkehr zwischen dem Sektionschef und dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Johannes Fuchs aus dem Vorjahr, in dem Pilnacek unter anderem meint, dass man die Leistungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hinterfragen müsse und auf entsprechende Öffentlichkeitsarbeit drängt.

FPÖ und Neos wiederholen Forderung

Auch am Sonntag wiederholten beide Parteien die Abberufung des Sektionschefs. "Bei ihm besteht leider kein Zweifel mehr, dass er seine Hand schützend über die ÖVP halten kann und dies auch tut", sagt Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper in einer Aussendung und verweist damit auf den anstehenden Ibiza-Untersuchungsausschuss. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl forderte die sofortige Entlassung Pilnaceks: Wenn Zadić mit ihrer Entscheidung bis Ende Mai warte, mache sie sich als Korruptionsbekämpferin "unglaubwürdig", so Kickl in einer Aussendung.

Das Anti-Korruptionspaket wolle man in der FPÖ noch genauer studieren, für die Neos sind die Maßnahmen zwar "gut", aber nicht weitreichend genug. Ohne Änderung bei der Parteienfinanzierung seien die Maßnahmen Augenauswischerei, so Neos-Justizsprecher Johannes Margreiter. (APA, red, 17.5.2020)