Die Stadt Wien will bei Leiharbeitsfirmen nun die Corona-Tests ausweiten.

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Wien nimmt nach dem gehäuften Auftreten von Coronavirus-Infektionen bei Leiharbeitern nun verstärkt deren Arbeitgeber ins Visier. Dort soll verstärkt getestet werden. Auch Auftraggeber derartiger Unternehmer, also Firmen, die Leiharbeiter beschäftigen, werden intensiver untersucht. Das Innenministerium hat am Sonntag dabei einmal mehr Unterstützung angeboten.

Bei einem aktuellen größeren Cluster wurden Verbindungen zwischen Leiharbeitsfirmen und Post-Verteilungszentren in Wien und Niederösterreich registriert. Auch die Fälle in einem Flüchtlingsheim in Erdberg sollen damit in Zusammenhang stehen, da dortige Bewohner bei den Firmen beschäftigt waren. Laut dem Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) dürfte Erdberg aber nicht der Ausgangspunkt der Infektionskette sein.

Leiharbeitsfirmen rücken in den Test-Fokus

Im Büro des Stadtrats wurde am Sonntag auf APA-Anfrage bekräftigt, dass nun verstärkt Tests bei Leiharbeitsfirmen geplant sind – und zwar nicht nur bei jener, die im Zentrum der aktuellen Fälle steht. Unternehmen, die auf Leiharbeiter zurückgreifen, stehen nun ebenfalls verstärkt im Fokus, wie betont wurde. Laut Rathaus ist vor allem problematisch, dass Leiharbeiter kein Geld erhalten, wenn sie krank werden. Darum würden viele trotz einer Infektion in die Arbeit kommen.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bot der Stadt am Sonntag erneut verstärkte Zusammenarbeit an: "Dieser dramatische Fall zeigt, dass es mehr braucht, als bisher getan wurde. Ich habe dem Wiener Bürgermeister mehrmals Hilfe beim Containment angeboten, um das Virus einzugrenzen. Spätestens jetzt wäre es Zeit, diese anzunehmen. Wir müssen jetzt zusammenhelfen", betonte er in einer Mitteilung.

Information und Maßnahmen

Ihm gehe es um die Information der Infizierten und Verdachtsfälle sowie die Überwachung der Quarantäne-Maßnahmen etwa bei Flüchtlingen, sagte er. "Es reicht nicht aus, Migranten einfach nur einen Zettel in die Hand zu drücken, um sie als Verdachtsfall zu informieren. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Quarantäne dann überhaupt eingehalten wird. Auch hier kann ich der Stadt Wien erneut anbieten, seitens der Polizei zu unterstützen." Im Wiener Rathaus wurde auf APA-Anfrage am Sonntag jedoch einmal mehr betont, dass man die Unterstützung der Exekutive als nicht nötig erachte.

Mit harscher Kritik meldete sich am Sonntag die Rathaus-Opposition. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp sprach dabei von "Corona-Asylanten": "Jetzt ist klar geworden, dass die neue Coronavirus-Welle im Asyl-Quartier seinen Ursprung hat und von dort in zwei Post-Verteilerzentren und einen Kindergarten geschwappt ist." Jetzt müsse unter anderem geklärt werden, wie es zu den Ansteckungen in den Post-Verteilzentren gekommen sei – und warum die "infizierten Asylanten" nicht in Quarantäne gesperrt worden seien, forderte er.

Der nicht amtsführende ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch forderte Gesundheitsstadtrat Hacker auf, endlich "aktiv gegenzusteuern". Der Stadtrat, so befand er in einer Aussendung, habe die Coronakrise nämlich "noch nie richtig ernst genommen".

Clusteranalyse: Alles zeigt nach Hagenbrunn

Hacker hat am Sonntag eine erste Analyse des aktuellen Clusters an Coronavirus-Infektionen präsentiert. Laut dem Ressortchef deutet alles darauf hin, dass das Postzentrum im niederösterreichischen Hagenbrunn bzw. die Leiharbeitsfirmen Auslöser waren. Nur zehn Prozent der Wiener Betroffenen wiesen offenbar Symptome auf.

"Es zeigt alles nach Hagenbrunn", sagte Hacker der APA. Dies habe die genaue Betrachtung der jüngsten Zahlen – viele der in Hagenbrunn tätigen Arbeiter leben in Wien – ergeben. Leiharbeit sei offenbar diesbezüglich ein großes Problem. Mit Flüchtlingen habe dies nichts zu tun. Denn die meisten Fälle etwa in der Unterkunft in Erdberg ließen sich auf die Post-Verteilzentren zurückführen – und nicht umgekehrt.

Laut Stadt Wien sind offenbar aus Erdberg vor allem Personen betroffen, die als Leiharbeiter bei der Post tätig waren bzw. in weiterer Folge Personen, zu denen sie Kontakt hatten. Von mehr als 1.000 Tests in verschiedenen Asyl-Einrichtungen waren nur knapp 40 (davon vier Betreuungspersonen, Anm.) positiv. Dabei sei ein Konnex in Sachen Leiharbeit erkennbar gewesen, hieß es. Der Großteil der betroffenen Leiharbeiter seien zudem keine Flüchtlinge, wurde versichert.

"Wir bringen Licht in den Schatten"

Der Cluster in Sachen Post sei erkannt worden, weil Wien genauer hinschaue: "Wir bringen Licht in den Schatten." Dabei habe man entdeckt, dass nur zehn Prozent der Fälle symptomatisch waren. Beim Rest sei die Infektion offenbar sehr leicht verlaufen. Dies sei eine neue Erkenntnis, versicherte Hacker. Man stehe vor keinem neuerlichen "Ausbruch", sondern die gestiegenen Zahlen ergäben sich daraus, dass punktuell sehr intensiv untersucht werde.

"Vergleichbares würde man in ganz Österreich finden", zeigte sich der Ressortchef überzeugt. Nötig sei darum nun auch, mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in eine Diskussion zu treten. Es werde eine Debatte über die statistischen Zahlen geben müssen.

Hacker plädierte darüber hinaus auch für eine Diskussion über Leiharbeit. Denn auch die Post – auch wenn deren Verteilzentren nun stark betroffen seien – sei nicht unmittelbar dafür verantwortlich zu machen. Vielmehr sei es ein Problem, dass Personen, die als "neue Selbstständige" auf Abruf arbeiten würden, sozial nicht abgesichert seien. (APA, 17.5.2020)