Andrea Mayer, eine Favoritin für den Job der Kunststaatssekretärin in der Nachfolge von Ulrike Lunacek.

Foto: Peter Lechner

Der Plan zur Reaktivierung des Kulturlebens, der am Freitag bekanntgegeben wurde, ermöglicht ab 29. Mai "Events" mit 100 Besuchern. Ab 1. Juli dürfen es 250 sein, ab 1. August Veranstaltungen bis 500 Gäste, bei Existenz eines Sicherheitskonzepts gar bis zu 1.000. Klingt gut. Wer Ulrike Lunacek als Kunststaatssekretärin nachfolgt, wird allerdings doch noch einiges zu konkretisieren haben.

Namen schwirren reichlich herum: Neben der Favoritin Andrea Mayer werden auch die Belvedere-Leiterin Stella Rollig, die Nationalbibliothekschefin Johanna Rachinger, Marijana Stoisits von der Vienna Film Commission und Gabriele Eschig (Ex-Generalsekretärin der Unesco-Kommission) genannt. Auch kursieren Namen wie jener der Ex-EU-Abgeordneten Mercedes Echerer und der Bildungssprecherin Sibylle Hamann.

Gesuchter Sinn der Regeln

Nebst intensivem Spekulieren bezüglich dieser Personalie dürstet die Kulturszene aber weiter nach Regelklarheit und überlegt, wie das bereits Bekannte praktikabel anzuwenden wäre, ohne ökonomischen Schaden zu nehmen: "Um im September unser Programm umsetzen zu können, müssen wir im Juni mit den Proben beginnen", so Volksopernchef Robert Meyer zum STANDARD.

"In welcher Form das möglich ist, wissen wir leider nach wie vor nicht." Es habe am Freitag dazu keine neuen Informationen gegeben. "Wir wurden abermals vertröstet – auf 25. Mai. Der Gesundheitsminister hat angekündigt, mit Fachleuten Gespräche führen zu wollen. Daher gehe ich davon aus, dass wir einbezogen werden."

Infobedarf an der Staatsoper

Mehr Infos wünscht sich auch Staatsoperndirektor Bogdan Rošcic. Er habe sich "vor allem für den Saisonstart im September zu interessieren, und der muss in den nächsten Wochen mit den Künstlern organisiert sein und in den Verkauf gehen." Die Infos vom Freitag seien "dafür keine ausreichende Basis. Aber es hieß ja auch, mit den Bundestheatern wird es dazu konkrete Gespräche geben", so Rošcic, der Treffen mit Kulturminister Kogler erwartet – wie auch Burgtheater-Chef Martin Kušej. Auch er möchte "unsere Expertise" einbringen.

Die Wiener Philharmoniker, die hoffen, in Salzburg doch noch spielen zu können, machen sich hingegen Gedanken über die Abstandssituation auf der Bühne. Sie hätten bereits "Antikörpertests gemacht und an einem Aerosolausstoßtest teilgenommen", so Orchestervorstand Daniel Froschauer zum STANDARD.

Spezielle Studie

Die Untersuchungen, durchgeführt von Prof. Fritz Sterz, hätten ergeben, dass eine Ansteckung am Pult nahezu unmöglich sei, also der geforderte Abstand unnötig ist. "Wir wollen mit diesem Weg unseren Beitrag dazu leisten, einen möglichst normalen Spielbetrieb wiederaufzunehmen", so Froschauer. Um musikalisch in gewohnter Weise zu funktionieren, "um die Qualität unseres Orchesters zu garantieren, um mit den Kollegen nonverbal kommunizieren zu können, wollen wir nicht allein am Pult sitzen und zu große Abstände halten." Diese Untersuchung hilft womöglich auch den Salzburger Festspielen, die nach wie vor rätseln, "unter welchen Bedingungen szenische Proben und Auftritte von Orchestern und Chören" möglich wären.

An der Realität vorbei

Interessant auch der Kommentar von Dirigent Florian Krumpöck. Der Leiter der Kultur.Sommer.Semmering, der auch einen von der Szene stark unterstützten offenen Brief initiierte: "Die scheinbar praktikable ,Öffnung" der Veranstaltungen ab 29. Mai geht in Ermangelung der Beantwortung der ,Gretchenfrage" nach der Adaption der Abstandsregel komplett an der Realität vorbei. Eine Obergrenze von 100, 250, 500 oder gar 1.000 Besuchern löst die Problematik der wirtschaftlich sinnvollen Bestuhlung nicht. Eine Übersetzung der geltenden Gastronomieverordnung, die es vier Menschen aus nicht demselben Haushalt ermöglicht, ohne Mund-Nasen-Schutz und ohne Mindestabstand gemeinsam zu tafeln, hätte zwei Minuten dieser einstündigen Pressekonferenz beansprucht und wurde nicht einmal angesprochen." Da wird als noch Klärung – auch der finanzielle Art – nötig sein. (Ljubiša Tošić, 18.5.2020)