Kommt man am Hauptbahnhof in Linz an, rufen einem Plakate entgegen: "Kultur ist krisensicher". Die Menschen darauf wirken hoffnungsvoll, man möchte ihnen glauben. Nach acht Wochen Corona-Pause öffneten vergangenes Wochenende einige Museen in Österreich wieder. So auch die Häuser der neu fusionierten OÖ Landes-Kultur GmbH, darunter das Francisco Carolinum. In der ehemaligen Landesgalerie eröffnete eine Ausstellung anlässlich des 80. Geburtstag der Künstlerin Valie Export.

Ohne Tamtam öffnen sich um Punkt zehn Uhr die Türen des historischen Gebäudes in der Museumsstraße. Neugierig steckt man den Kopf durch die Tür – darf man jetzt wirklich wieder hinein? Die Stimme der Portierin hallt über ihre Plexiglas-Trennscheibe durch die leere Halle: "Sind sind die Ersten!" Ihr Kollege weist auf den Spender mit Desinfektionsmittel sowie kostenlose Schutzmasken hin. "Ich passe auf, dass kein Besucher ohne die beiden Dinge das Haus betritt", erklärt er.

Globus, Schreibtafel, Flöte: So wie den Musen in der Kunst ihre charakteristischen Attribute zugeordnet wurden, gehören aktuell Gesichtsmaske und Desinfektionsmittel zum täglichen Outfit. Auch im Museum.
Foto: 2020 RGS / Ghezzi

Kreisrunde Aufkleber vor jedem Raum verraten die Maximalanzahl an Personen, die sich zur selben Zeit darin aufhalten dürfen. Im ersten wären es elf. "Es sind keine Startnummern", erklärt der Herr von der Aufsicht das System und schmunzelt. Eifrig nimmt er sich der Medieninstallation Triangel an, die aus einem Metallobjekt, einem Fernsehgerät und einer Kamera besteht, und schaltet sie ein. Inzwischen betrachtet man in Ruhe die Fotografie Frau mit Hochhausarm und die Körperkonfigurationen. Unter den Schritten knarrt der Parkettboden.

Kabinenparty mit "Geburtenmadonna"

Neben einer Kopie der Geburtenmadonna darf eine mit Vorhang abgehängte Kabine betreten werden: Darin steht man vor dem Original – alleine. Diese separierte Hängung hat allerdings den rein praktischen Grund, das leicht beschädigte Werk vor Licht zu schützen. Die Export-Ausstellung Collection Care behandelt auch die Frage, wie Kunstwerke erhalten bleiben können, und bietet einen Blick hinter die Kulissen der Restaurationsarbeit. "Sehr schade", kommentiert der Herr von der Aufsicht, "viele Stationen wären zum Mitmachen gewesen."

Schließlich begegnet man ersten anderen Besucherinnen. Drei Frauen mit bunten Schutzmasken sind bewusst in die Ausstellung gekommen. "Valie Export ist ein wahres Highlight", sagt eine von ihnen. "Wir haben das sehr vermisst", so ihre Begleiterin über die wiede geöffneten Museen. Ansonsten ist es immer noch ruhig, nur das Personal ist zu sehen. Der junge Mann am Ausgang ist skeptisch, ob es einen Ansturm geben wird. "Vielleicht am Sonntag", sagt er, "da ist der Eintritt frei."

Hauptsache, Kultur

Anders zeigt sich die Situation in Salzburg. Zwar ist es im Hof des Domquartiers ebenfalls ruhig, betritt man die Residenzgalerie – nachdem man auf die "5 Regeln für Ihren Museumsbesuch" hingewiesen wurde –, trifft man aber auf andere Besucher. Im Museumsshop sieht sich ein junges Paar suchend um. Sie seien nur durch Zufall hier und wüssten gar nicht, was aktuell gezeigt wird. Hauptsache, wieder Kultur erleben, scheint die Devise.

Die Ausstellung Der Kuss der Musen hatte bereits Ende Februar eröffnet und musste sogleich wieder schließen, zeigt sich die Kuratorin Astrid Ducke erfreut über deren Wiedereröffnung. "Wir sind quasi die Ouvertüre für die Salzburger Festspiele", ist sie optimistisch. Auch wenn diese nur in abgespeckter Form stattfinden werden und zudem die große Landesausstellung verschoben werden muss.

In elf Räumen werden Gemälde aus der Sammlung der Residenzgalerie zahlreichen Dokumentationsobjekten des Archivs der Festspiele gegenübergestellt. Dies soll als Brückenschlag zwischen der darstellenden und der bildenden Kunst gelten und zeigen, wie Bühnengestaltungen von der Malerei inspiriert wurden und sich im Lauf der Zeit verändert haben.

Metaphorisch und hygienisch

An bunten Wänden ergänzen einander opulente Barockgemälde mit Kostümfigurinen, Skizzen und historischen Bildausschnitten. Neben mythologischen Figuren begegnet man Jesus Christus oder Pamina aus Mozarts Zauberflöte. Man merkt schnell, dass der Titel der Schau metaphorisch zu verstehen ist. Die Diversität des Themas findet Astrid Ducke spannend und war überrascht, wie viel Material sie dazu fand. Selbst passende Tondokumente machte sie im Archiv ausfindig. An Audiostationen kann dieser musikalischen Ergänzung gelauscht werden.

Die Hörer der Apparate werden vom Aufsichtspersonal immer wieder gereinigt. "Mindestens einmal die Stunde desinfizieren wir alles, was Besucher angreifen", erzählt eine Angestellte von der Raumaufsicht. Sie ist zuversichtlich, dass sich die Besucher an die Abstandsregeln halten werden, und glaubt, dass nun mehr Menschen aus der Umgebung in die Museen der Stadt kommen werden. "Sonst sind hier hauptsächlich Touristen."

Ein Besucher bestätigt dies. Er wollte die Schau schon längst sehen, hatte aber keine Zeit dazu. Jetzt genießt er die Ruhe. "Generell freue ich mich sehr, dass es für die Kunsthäuser wieder losgeht", sagt er. Nächste Woche möchte er gleich einen Kulturtrip nach Wien unternehmen.

Tritt man wieder auf den belebten Domplatz und sieht die Menschen an den Verkaufsständen flanieren und in den Gastgärten der angrenzenden Kaffeehäuser sitzen, fühlt es sich fast normal an. Endlich. (Katharina Rustler, 18.5.2020)