Die Billigairline Ryanair ist bei der Durchsetzung ihres rigiden Sparprogramms für ihre Österreich-Tochter Laudamotion in der Wirtschaftskammer (WKÖ) auf Verständnis gestoßen. Die WKÖ hat am Dienstag die von Laudamotion verlangten Kürzungen am Kollektivvertrag (KV) akzeptiert und unterschrieben. Die Gewerkschaft lehnt diese Maßnahmen allerdings vehement ab, womit der abgeänderte KV nicht in Kraft treten kann.

Ryanair-Chef Michael O'Leary hatte ein Ultimatum gestellt und mit der Schließung der Basis in Wien mit ihren rund 300 Mitarbeitern gedroht, sollten die von ihm geforderten neuen Arbeitsbedingungen mit Lohnkürzungen um etwa 20 Prozent nicht bis Mittwoch akzeptiert werden. Die Wirtschaftskammer kam nun zu dem Schluss, dass es besser sei, die 300 Jobs unter schlechten Bedingungen zu erhalten als ganz zu verlieren.

"Totengräber von Löhnen"

Daniel Liebhart, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft Vida, wirft hingegen Ryanair und der WKÖ vor, sie seien "die Totengräber von Löhnen, von denen man leben kann". Die Vida werde sich "nicht erpressen lassen und keinen KV unterzeichnen, der mit 848 Euro Netto-Einstiegsgehalt für FlugbegleiterInnen klar unter der Mindestsicherung in Wien (917 Euro) und noch deutlicher unter der aktuellen Armutsgefährdungsschwelle 2019 von 1.259 Euro im Monat für eine Person liegt".

Um Jobs mit fairen Bedingungen zu erhalten, werde die Gewerkschaft noch heute der Wirtschaftskammer einen Gegenvorschlag für KV-Verhandlungen machen. Im Übrigen gebe es keinen Zeitdruck, weil Laudamotion ohnehin die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt habe und daher Geld vom österreichischen Steuerzahler erhalte.

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Laut Aussendung von Laudamotion haben "über 95 Prozent der in Wien stationierten A320-Piloten und über 70 Prozent des Kabinenpersonals individuell einen neuen adaptierten Kollektivvertrag akzeptiert". Nun macht die Fluglinie Druck auf die Gewerkschaft, den Kollektivvertrag trotz schlechter Konditionen zu unterschreiben.

Druck auf Gewerkschaft

Laudamotion versucht die Gewerkschaft unter Druck zu setzen, einem neuen Kollektivvertrag mit deutlich schlechteren Konditionen zuzustimmen. Nachdem am heutigen Dienstag die Wirtschaftskammer ihren Forderungen zugestimmt hat, rufen die Laudamotion-Chefs nun Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in einem offenen Brief auf, die Gewerkschaft zur Zustimmung zu bewegen.

"Wir haben wenig Hoffnung, dass die Gewerkschaft vida unseren neuen Kollektivvertrag ohne Ihre Unterstützung unterschreiben wird", heißt es in dem von Andreas Gruber und David O'Brien unterzeichneten Schreiben. Der neue KV sei aber die Basis, um den Verlust von 300 Jobs in Wien zu vermeiden. "Wir erwarten, dass vida sich weigern wird, dieses Dokument zu unterzeichnen, was der einzige Grund sein wird, warum am Ende der Woche Lauda gezwungen sein wird anzukündigen, dass die Basis in Wien am 30. Mai schließen wird". Immerhin sei Laudamotion die zweitgrößte Fluglinie in Wien.

Sparprogramm gefordert

Laudamotion wirft der Gewerkschaft auch vor, von acht Terminen für Gespräche über den neuen KV erst am letzten Freitag einen angenommen zu haben, und dann den Vorschlag der Fluglinie nicht einmal gelesen zu haben.

Ryanair-Chef Michael O'Leary hat von Laudamotion ein rigides Sparprogramm gefordert und gedroht, die Basis in Wien zu schließen, sollten die Forderungen nicht bis zum 20. Mai erfüllt werden. Die WKÖ hat nun die Bedingungen von Ryanair akzeptiert und unterschrieben, die Gewerkschaft hat diese hingegen kategorisch abgelehnt und dem Unternehmen sowie der Wirtschaftskammer vorgeworfen, sie seien "Totengräber von Löhnen, von denen man leben kann". Die Gewerkschaft will einen Gegenvorschlag vorlegen. (APA, red, 19.5.2020)