Im Autokino dabei zuschauen, wie Danny seine Sandy in "Grease" gerade im Autokino ansteigt. Wir haben uns besser benommen!

Foto: Amira Ben Saoud

Da verlässt man endlich einmal das Haus und wird gleich ungeduldig. Was soll dieser Stau da vorm Kreisverkehr, warum geht da nichts weiter? Ein Blick durch das Schiebedach gibt Antworten: Tatsächlich, die ganzen Rechtsabbieger haben dasselbe Ziel wie wir: das Autokino in Groß-Enzersdorf. Die Leinwand prangt schon aus der Ferne über den Feldern, dazu Sonnenuntergang, die Autokolonne bewegt sich langsam, aber stetig vorwärts.

Die Leinwand ist in Sicht. Wer genau schaut, sieht auch die Autoschlange.
Foto: Amira Ben Saoud

1967 sah das sicherlich kaum anders aus, da wurde das Autokino als erstes seiner Art in Österreich eröffnet. 2015 endete eine Ära: Nach einigem Auf und Ab ging es in Konkurs. Mit Corona kamen nun neue, junge Betreiber, die die "Gunst" der Stunde nutzen wollten: Wenn man nicht ins Kino gehen kann, dann sollte man zumindest fahren können. Am 15. Mai war es endlich so weit: Um 1.00 lief der erste Film, zum Glück folgte der zweite Streich, Grease, um 21.00.

Ticktes zeigt man durch die Scheibe vor.
Foto: Amira Ben Saoud

Und so begaben wir uns in mehrfacher Hinsicht auf eine Zeitreise: In einem Mercedes aus dem Jahr 1982 (viele anerkennende Blicke) fuhren wir in den Speckgürtel, um einen Film, der 1978 erschien, aber im Jahr 1959 spielt, anzuschauen. Der Klassiker Grease ist natürlich eine perfekte Wahl, weil er den Mythos Autokino im Film selbst thematisiert. Da will John Travolta als Danny, der das mit dem Drive-in etwas gar zweideutig versteht, seiner Sandy an die Wäsche. Anstatt gemeinsam in Fahrt zu kommen, bekommt er nur eine Abfuhr.

Schuldig in der Love-Lane

In den 50ern waren Autokinos in den USA die Location Nummer eins für Teenies, um einander ungestört etwas besser kennenzulernen. In der sogenannten Love-Lane, der letzten Reihe, befreiten sich so manche von der Unschuld. Doch waren Autokinos nicht nur reine Schmusekulisse, sondern auch Familientreffpunkt, fast wie ein kleines Volksfest. Darüber hinaus sind sie fixer Bestandteil der amerikanischen Filmkultur. So populär wie dort, wo es auch heute noch einige Autokinos gibt, wurden sie in unseren Breiten nie.

Bis Corona um die Ecke bog, gab es in Österreich zuletzt gar kein fixes Autokino mehr. Doch dann – Krise, Chance! Nicht nur unsere direkten Nachbarn, aber auch die machten es besonders emsig vor. Allein im März und April sind über 50 Frequenzzuteilungen für Autokinos in Deutschland erteilt worden, vermutlich wird es dort nun bald mehr Autokinos geben als in der Blütezeit – 40 Autokinos zählte man Anfang der 70er in Deutschland, als der Trend aus Übersee dort verspätet seinen Höhepunkt erreichte. Natürlich handelt es sich bei vielen der aktuellen "Corona-Kinos" um Pop-ups und Parkplatzimprovisationen, die wieder verschwinden werden.

Geparkt und Frequenz eingestellt. Los geht's!
Foto: Amira Ben Saoud

In Groß-Enzersdorf hofft man aber, auch nach der Krise noch gefragt zu sein. Man will jetzt Publikumsschichten begeistern, die sonst nie gekommen wären, und nachhaltig an das Erlebnis Autokino binden, wie Markus Cepuder, einer der Betreiber und gebürtiger Groß-Enzersdorfer, erzählt. Guten Service hat man als Schlüssel zum Erfolg identifiziert, und wirklich: Ein emsiges, wahnsinnig freundliches Team liefert in Windeseile per App getätigte Snack-Bestellungen zum Fahrzeug, desinfiziert die Toiletten nach jedem "Besuch" und weist freundlich, aber bestimmt darauf hin, dass man eine Maske aufsetzen soll, sobald man den Wagen verlässt.

Hupkonzert unterlassen!

Die Systeme laufen. Tickets bestellt man im Internet, alles läuft kontaktlos. So bekommt die Zeitreise auch ein sinnvolles digitales Update. Bis auf den kleinen Stau bei der Eröffnung funktioniert alles prächtig. Ein bisschen Flughafen-Feeling kommt auf, wenn man von den Lotsen nach dem "First come, first served"-Prinzip eingewiesen wird.

Dieser Mann hat alles im Griff.
Foto: Amira Ben Saoud

Bis die 500 Autos auf ihren Plätzen stehen, dauert es ein bisschen. Man nutzt die Minuten für einen kleinen Applaus via Hupkonzert. Da meldet sich auch schon eine ruhige Stimme durchs Autoradio: "Bitte den Anrainern zuliebe nicht hupen." So weiß man gleich wieder, dass man in Groß-Enzersdorf ist und nicht im Amerika der Fifties. (Amira Ben Saoud, 19.5.2020)