Eine neuartige Lokalisierungsvariante für Industrieroboter kommt von Harald Gietler.

Foto: AAU / Müller

Die Roboter in den Fertigungshallen der Industrie werden mobiler. Sie bestücken Lager und bringen Bauteile an den Ort ihrer Verarbeitung. Für eine flexible Mobilität innerhalb der Hallen stellt sich unter anderem die Frage: Wie können die Roboter eigentlich wissen, wo sie sich gerade genau befinden?

Gibt man ihnen umfangreiche Sensorik mit, damit sie ihr Umfeld etwa aus Bilddaten erkennen, oder schließt man aus gezielten Ortungssignalen auf die jeweils aktuelle Position zurück?

Eine neuartige Lokalisierungsvariante für derartige Anwendungen kommt von Harald Gietler. Der 1991 geborene Kärntner ist Universitätsassistent am Institut für Intelligente Systemtechnologien an der Universität Klagenfurt. Im Rahmen seiner laufenden Dissertation entwickelt er ein Ortungssystem, das durch Robustheit und eine besonders hohe Genauigkeit – mehr als auf einen Zentimeter genau – glänzt.

Gietlers Konzept besteht aus einer Sende- und einer Empfängereinheit. "Als Sender dient ein stromdurchflossener Leiter, der ein elektromagnetisches Feld generiert", beschreibt der Forscher. "Die Intelligenz des Systems liegt aufseiten des Empfängers: Hier werden die Eigenschaften des Feldes gemessen, um so auf Orientierung und Lage des Senders zurückrechnen zu können." Der Preis der hohen Genauigkeit liegt in der Reichweite: Sender und Empfänger dürfen nicht mehr als zehn Meter entfernt sein.

Niedrige Frequenz

Die Frequenz der elektromagnetischen Strahlung, die hier genutzt wird, ist etwa 1000-fach geringer als etwa bei WLAN-Signalen. Die niedrige Frequenz macht sie viel weniger anfällig für Störungen. Anders als WLAN durchdringt sie viele Objekte und wird nicht allerorts reflektiert.

Jedoch: Leitfähige Teile in unmittelbarer Nähe des Senders am Roboter haben dennoch störenden Einfluss auf die Ausbreitung des Feldes. Dieses Problem konnte Gietler bei einem Auslandsaufenthalt an der ETH Zürich lösen.

"Gemeinsam mit einem Elektrodynamikexperten konnte ich eine mathematische Formulierung finden, mit der die Fehler, die durch leitfähige Objekte entstehen, ausgeglichen werden können", sagt der Forscher. Man muss nur Materialtypen und -formen des Roboters kennen, um so ihren Einfluss berücksichtigen zu können. Die Ergebnisse wurde 2019 im Fachjournal IEEE Transactions on Instrumentation and Measurement publiziert.

Forschen und Surfen

Gietler ist in Villach aufgewachsen. Der Weg zu seinem Ortungssystem führte über eine HTL und ein Informationstechnikstudium in Klagenfurt. Nebenher arbeitete er bereits beim Halbleiterhersteller Infineon – auch dort schon in der Forschung. Seit 2017 arbeitet er an seiner Dissertation, die er Ende nächsten Jahres abschließen will. Aktuell sollte er eigentlich wieder an der ETH Zürich seine Entwicklung verfeinern, doch ein neuerlicher Aufenthalt war Corona-bedingt vorerst nicht möglich.

In der Freizeit tauscht Gietler Labor und Computer gegen Wasser, Schnee und jene Bretter, mit denen er über diese Elemente hinweggleiten kann: Surfboard und Snowboard. Selten mischt sich in die Freude am Sport auch Beklemmung – etwa wenn er eine große Schwanzflosse in der Welle auftaucht, wie zuletzt beim Surfen in Australien. Gietler: "Glücklicherweise war es kein Hai, sondern ein Delfin." (Alois Pumhösel, 24.5.2020)