Umweltmediziner Hans-Peter Hutter (links) und aus der Wiener Stadtregierung Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, Bürgermeister Michael Ludwig und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker stellten am Dienstag den "Leitfaden" vor.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Für das von der Bundesregierung angekündigte Wiederhochfahren des Kulturbetriebs ab 29. Mai fehlen noch immer die Verordnung sowie zugehörige Umsetzungsvorgaben. Indes hat sich am Dienstag die Stadt Wien mit für Mediziner und Betroffene aus der Kulturbranche praktikablen Empfehlungen gemeldet und einen "Leitfaden für den Kulturbetrieb" präsentiert. Erarbeitet wurde das Papier in den vergangenen Wochen von Wissenschaftern rund um den Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien und in Abstimmung mit Experten aus der Kulturszene.

Die 15 Seiten wollen nicht in Konkurrenz zu Regelungen des Bundes treten, sondern sollen die "Anwendbarkeit" von Verordnungen des Bundes erleichtern, stellt Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) klar. Es gehe dabei um einen "maximalen Handlungsspielraum innerhalb der Regeln, die wir anerkennen wollen und müssen". Konkret liefert der Leitfaden also eine medizinisch fundierte Grundlage, auf der Häuser speziell zu ihren baulichen und Betriebsbedingungen passende Konzepte erarbeiten können.

Sicherheitsabstand nötig

Dazu identifiziert das Papier grob drei Bereiche: Outdoor, Indoor-Museum/Ausstellungen sowie Indoor-Kino/Theater/Liveperformances. Als wichtigste Sicherheitsvorkehrungen werden drei Maßnahmen genannt: Begrenzung der Besucherzahl, verpflichtender Mund-Nasen-Schutz sowie etwa Innenraum- und Händehygiene. Als kritische Orte für den weiterhin notwendigen Sicherheitsabstand von einem Meter definiert das Papier Ein- und Ausgänge, Kassen, Garderoben, Sanitäranlagen, Shops, Buffets sowie Besucherräume. Für diese "Hot Spots" werden Plexiglaswände und Bodenmarkierungen zum Abstandhalten empfohlen.

Außerdem seien gestaffelte Eintritte anzudenken und sollten Karten vorab verkauft werden. Als Sitzordnung empfiehlt das Papier das Schachbrettmuster mit je einem Leerplatz, auf Stehplätze und Pausen solle verzichtet werden. Zudem sollen Zuschauer sich freiwillig registrieren lassen können, um im Fall einer Infektion vom Veranstalter informiert werden zu können. Masken müssten durchgängig getragen werden, Belüftungsvolumina und Luftführung kontrolliert werden. Umluftanlagen seien zu vermeiden. Orientiert hat man sich bei den Empfehlungen an Praktikabilität und bereits existierenden Regelungen in Schulen oder Geschäften. Grundprinzip sei denn auch eine Systematik und Kongruenz, sodass nicht Regelungen für Kulturinstitutionen zu jenen in anderen Bereichen in Widerspruch stünden und dadurch Verwirrung entstehe, so Hutter. Wichtig sei ihm zu betonen, dass das Ziel nicht die 100-prozentige Gewährleistung sei, dass es keine weiteren Infektionen geben werde, sondern eine "Risikoverminderung" mit dem Effekt, dass "der Besuch eines Kulturbetriebes mit keinem höheren Risiko verbunden ist als Kontakte im öffentlichen Raum".

Österreichweit anwendbar

Keine Eckpunkte definiert der Leitfaden hingegen zur Probensituation und den Werkstätten – das falle in den Bereich Arbeitsmedizin. Dass das Wiederhochfahren organisatorischen und technischen Aufwand bedeutet, ist allen Beteiligten klar, weswegen in dem Leitfaden auch auf Zeit für Vorarbeiten hingewiesen wird, die politische Entscheidungsträger berücksichtigen müssten. "Mit dem Umdrehen eines Schlüssels ist es nicht getan", ist sich auch Kaup-Hasler bewusst. Sie kenne kein Theater, für das es Sinn mache, vor dem Sommer wieder aufzusperren, viele Schritte der Bundesregierung seien praxisfern.

Vom medizinischen Krisenstab Wiens sei der Leitfaden bereits beschlossen worden, man bietet ihn dem Bund zur Übernahme an, schließlich gebe es überall im Land dieselben Bedürfnisse, so Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Die Stadt sei an der Kooperation mit Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer interessiert. (wurm, 19.5.2020)