Nachdem der Bundeskanzler am 13. März via TV die Quarantäne über Teile Tirols verhängt hatte, kam es zu chaotischen Szenen.

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Innsbruck – Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft hat nach genauer Prüfung des rund 1.000 Seiten starken Zwischenberichtes zu den Ischgl-Untersuchungen das Tiroler Landespolizeikommando mit weiteren Ermittlungen beauftragt. Es geht um den Verdacht der "Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten". Ermittelt wird gegen unbekannt und nicht gegen bestimmte Personen, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mit.

Zu prüfen sei, ob in den betroffenen Gebieten, allen voran Ischgl, St. Anton am Arlberg und Sölden, die notwendigen Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen wurden, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Zuletzt sorgte ein Bericht des Nachrichtenmagazins Profil für Aufregung, in dem das Land Tirol beschuldigt wurde, nicht den Vorgaben gemäß gehandelt zu haben, nachdem man am 5. März von Gästen aus Island erfahren hatte, die nach ihrem Ischgl-Urlaub positiv auf das Virus getestet worden waren. Seitens des Landes fühlte man sich falsch wiedergegeben und forderte das Magazin via Twitter auf, diese Behauptungen richtigzustellen.

Unterschiedliche Darstellungen

Uneinigkeit herrscht offenbar auch zwischen Bund und Land, was die Ereignisse vom 13. März 2020 angehen. An diesem Freitagnachmittag verkündete Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) via TV-Ansprache, dass das Paznauntal und St. Anton ab sofort unter Quarantäne stehen. Nur gut zwei Stunden zuvor hielt aber das Land Tirol eine Pressekonferenz ab, in der noch von einer geordneten Beendigung der Wintersaison mit 15. März gesprochen wurde. Nach der Ansprache des Kanzlers kam es dann zu tumultartigen Szenen in Tirol, weil tausende Urlauber und Saisonarbeiter fluchtartig das Land verlassen wollten.

Tirols Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser (ÖVP) sagte in einem Interview gegenüber der Tiroler Tageszeitung am Dienstag, dass "die kritisierte Abreise der Gäste aus Ischgl vom Gesundheitsministerium beauftragt worden" sei. Dort weist man diese Darstellung allerdings strikt zurück: "Das Gesundheitsministerium war nicht in die Abreiseorganisation der TouristInnen aus Ischgl involviert, es gab keine ‚Beauftragung‘ der Abreise oder eine Weisung diesbezüglich an die Landessanitätsdirektion."

Kurz wollte "lieber härter als zu soft reagieren"

Kurz sagte anlässlich seines Tirol-Besuchs vergangene Woche, dass er sich vor der Bekanntgabe der Quarantäne am 13. März direkt mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) abgesprochen habe. Die Entscheidung selbst sei von der Tiroler Landessanitätsdirektion und dem Gesundheitsministerium getroffen worden. Dem Kanzler sei wichtig gewesen, "entschlossen und lieber härter als zu soft zu reagieren". Er habe aber keineswegs "über Tirol hinweg" entschieden.

Seitens des Landes wird betont, dass die Quarantäneverordnung kurz vor der Bekanntgabe im TV durch den Kanzler im Rahmen einer Telefonkonferenz auf Stabsebene zwischen Innen- und Gesundheitsministerium sowie dem Land abgestimmt worden sei. Man habe ein Konzept zur Umsetzung der Isolierung und der Ausreise erstellt, so der Leiter des Tiroler Einsatzstabs, Landesamtsdirektor Herbert Forster, auf Anfrage zum STANDARD: "Das Konzept wurde sowohl dem Gesundheits- als auch dem Innenministerium am Vormittag des 13. März 2020 präsentiert und das Einvernehmen hergestellt." (Steffen Arora, 19.5.2020)