Wien – Das Comeback des Wolfs in Österreich in den vergangenen Jahren ist kein Zwischenspiel – das seit jeher ambivalent betrachtete Tier wird wohl bleiben, wenn man es lässt. Schon angesichts momentan lediglich rund 35 Wölfe hierzulande gehen jedoch die Emotionen hoch. Der Wildtierbiologe Klaus Hackländer legt nun zum Reizthema ein neues Buch vor, das mit vielen Fakten und Bildern aufwartet.

"Er ist da. Der Wolf kehrt zurück": Schon mit dem Titel schafft der Leiter des Departments für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien Klarheit. Dieser Befund gilt vor allem dann, wenn der Mensch sich nicht darum bemüht, andere Fakten zu schaffen. Dass das möglich ist, wurde bekanntlich bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts in weiten Teilen Mitteleuropas belegt, als der Wolf weitgehend ausgerottet wurde.

Cover: Ecowin Verlag

Potenzielles Wolfs-Schlaraffenland

Der mittlerweile strenge Schutz, den das Tier in der EU genießt, die Ausbreitung des Waldes mancherorts, das Angebot an Nahrung und in unseren Breiten der Fall des "Eisernen Vorhangs" machen es möglich, dass der Wolf ganz automatisch wieder Fuß fasst. Warum er dazu keine Auswilderungsprogramme oder Comebackhilfen braucht, legt Hackländer leicht verständlich und nachvollziehbar dar. Ebenso schnell und einleuchtend erklärt der Wissenschafter in dem reich und teils eindrucksvoll bebilderten und mit Grafiken versehenen Band, warum gerade Österreich das Potenzial zum Wolfs-Schlaraffenland hat.

Angesichts der topografischen Beschaffenheit, der weitestgehend dünnen Besiedlung oder dem Überangebot an Paarhufern heißt das Land die Tiere quasi von selbst willkommen. Teile der Bevölkerung sehen das mitunter deutlich anders: Diesen Zwiespalt skizziert der Schauspieler und Tiroler Bio-Bergbauer Tobias Moretti in einem kurzen Vorwort. Von dort weg ist er im Fortlauf des in kleine Häppchen mit vielen Kapiteln gegliederten Buches immer greifbar.

Neuere Forschungsergebnisse

Hackländer konzentriert sich darauf, vor allem Daten und neuere Forschungsergebnisse aus Österreich und anderen Ländern zu vermitteln. Dadurch wird eindrücklich klar, dass das Ankommen der Wölfe die Situation vielschichtig verändert, auch weil er eben nicht in eine Landschaft zurückkehrt, die sich wieder in eine Naturbelassene zurückverwandelt. Der schlaue Opportunist hat es bis ins Hochgebirge mit Kulturlandschaften zu tun, in der Land- und vor allem Almwirtschaft ebenso betrieben wird wie teils exzessiver Tourismus.

Gerade anhand der bisher schon wenig rentablen Almwirtschaft zeigt der Forscher am eindrücklichsten die Problemfelder auf, die der Wolf in die vormals so lange Zeit ohne Konkurrenz durch große Beutegreifer bewirtschaftete Landschaft bringen kann. Für Hackländer ist angesichts der aufgeladenen Debatte rund um "Problemwölfe" und erste Rudel in absehbarer Zeit kein Kompromiss zu erwarten: "Die Auffassungsunterschiede zwischen Wolfsschützern und vom Wolf geschädigten Nutztierhaltern, zwischen Naturromantikern und geängstigten Bewohnern von Wolfsgebieten sind groß."

Was bleibt, ist die Idee eines durchaus komplexen und regional abgestimmten "Managements" für den Wolf, das dem Tier Chancen zum Leben und den Menschen Möglichkeiten zum Wirtschaften lässt. Für den Leser ist nach der Lektüre von Hackländers Buch jedenfalls klar, dass die kommenden Jahre entscheidend für die Gestaltung des künftigen Zusammenlebens sein werden. (APA, 25.5.2020)