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"Einige EU-Länder begreifen nicht die historische Herausforderung, mit der wir konfrontiert sind", sagt Giuseppe Conte.

Foto: Reuters/REMO CASILLI

Rom – Italiens Premier Giuseppe Conte übt Kritik an den "sparsamen vier" Nettozahlern – Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark –, die sich gegen die deutsch-französischen Vorschläge für einen 500 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds wehren, da dieser vorwiegend auf Krediten basiere.

"Einige EU-Länder begreifen nicht die historische Herausforderung, mit der wir konfrontiert sind", sagte Conte im Interview mit dem Nachrichtenportal "Politico". Conte meinte, ein "Recovery Fund" mit geringen Ressourcen sei unannehmbar. "Spaltungen zwischen Norden und Süden der EU sind immer ein Fehler", argumentierte Conte. Sollte die EU scheitern, würden Nationalismus und Spaltungen in Europa nur noch mehr zunehmen.

"Mutiger Schritt"

Den deutsch-französischen Vorschlag für einen mit 500 Milliarden Euro dotierten "Recovery Fund" bezeichnete Conte als "mutigen Schritt" in Richtung einer gemeinsamen EU-Antwort auf die Coronavirus-Pandemie, die "Europa zerstört hat". "Der Recovery Fund ist jedoch nur ein Schritt. Wir wollen zusammen diese Krise als Union gemeinsamer Interessen und Werte bewältigen, daher müssen wir noch mehr tun", sagte der italienische Premier.

Indessen wehrt sich die deutsche Bundesregierung gegen die Einschätzung, dass die von ihr vorgeschlagene Kreditaufnahme durch die EU-Kommission der Einstieg in eine Schuldenunion in der EU sei. Deutschland und Frankreich hätten sich für den einmaligen und außergewöhnlichen Fall der Corona-Pandemie sowohl für einen Wiederaufbaufonds als auch eine Kreditaufnahme durch die EU-Kommission ausgesprochen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

"Kein Eurobonds in anderem Gewand"

Es gebe einen verbindlichen Rückzahlungsplan, eine Anbindung an den EU-Haushalt und einen klar definierten Umfang. "Das ist ausdrücklich etwas anderes als eine gemeinsame Schuldenaufnahme. Es ist kein Eurobonds in anderem Gewand", sagte er und reagierte damit auf Kritik etwa aus der FDP und der AfD. Der Vorschlag habe eine "eigene, sichere Rechtsgrundlage" in Europa und Deutschland. Der Bundestag müsse zustimmen.

Finanzminister Olaf Scholz sprach sich in einem "Zeit"-Interview für die Vereinigten Staaten von Europa aus und regte eigene Einnahmequellen der EU an. "Für eine solche Fiskalreform gibt es historische Vorbilder: Der erste US-Finanzminister Alexander Hamilton bündelte im Jahr 1790 auf Ebene des Zentralstaats die Kompetenzen, gemeinsame Einnahmen zu erzielen, und eine eigenständige Verschuldungsfähigkeit", sagte er. (red, APA, 20.5.2020)