Kein Bedarf an Mode: In Zeiten von Corona laufen bequeme Sneaker eleganten Schuhen den Rang ab,

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Wien – Österreichs Schuhhandel sieht sich infolge der Corona-Krise von einer noch nie da gewesenen Pleitewelle bedroht. Das versprochene Geld der Regierung komme nicht oder zu spät bei den Betrieben an, sagt Friedrich Ammaschell, Obmann des Werbevereins der Schuhwirtschaft und Sprecher der Branche. Die Geschäfte der Händler blieben zwischen vier und sechs Wochen geschlossen, die Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Seither fielen zwei Gehaltszahlungen an, Geld vom AMS bekamen bisher nur einige wenige Unternehmen.

Stundungen helfen zwar kurzfristig, sie laufen aber im Sommer aus. Zeitgleich müssten die ersten Lieferungen für die Herbst- und Wintersaison bezahlt werden, sagt Ammaschell. Die Schuhe für Frühjahr und Sommer sind bereits beglichen. Ihr Wert sinkt jedoch um bis zu 60 Prozent. Einzelne Lieferanten boten zwar an, noch nicht gelieferte Ware kostenlos bis 2021 zu lagern. Der Großteil werde aber mit Rabatten von 50 Prozent verschleudert werden müssen. Das bringt zwar kurzfristig Liquidität, drückt aber die Erträge.

Kräftemessen mit Vermietern

Die Situation bei den Mieten nennt Ammaschell durchwachsen. Einzelne Vermieter bieten zwar Erleichterungen an. "Vor allem Einkaufszentrenbetreiber schalten jedoch auf stur, sie sehen sich selbst als Leidtragende." Mieten, die nicht gestundet werden, können seit dieser Woche zumindest in den Fixkostenzuschuss der Regierung eingerechnet werden. Dieser soll im zweiten Schritt Kompensation für die entwertete Saisonware bieten. Mit August komme diese Hilfe für viele Betriebe aber zu spät.

Neue Kraft aus dem Konsum der Konsumenten schöpfen können die Händler nicht. Bisher ließen sich die Österreicher ihre Schuhe im Jahr im Schnitt 250 Euro kosten. Doch angesichts von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit ist die Kauflaune weg. Die Branche werde bis Jahresende 25 bis 30 Prozent ihres üblichen Jahresumsatzes verlieren, fürchtet Ammaschell. Im April lag das Minus bei 31 Prozent. Auch in der ersten Maihälfte waren die Einbußen zweistellig. Stabile Geschäfte beobachtet er allein bei Kinderschuhen, Sneakers und bequemen Hausschuhen. Der Bedarf an modischen, eleganten Textilien sei hingegen massiv eingebrochen.

Einzelkämpfer in der Bredouille

Die Betriebe fordern nun vehement eine staatliche Ersatzleistung für die entwertete Ware. "Wir wollen keine Geldgeschenke, sondern rasche unbürokratische Unterstützung für die entstandenen Verluste." In der Bredouille seien vor allem Einzelkämpfer. Dieses gerieten schon in den vergangenen Jahren zwischen dem wachsenden Onlinehandel und dem Preiskampf der Diskonter, die Schuhe vielfach selbst produzieren und daher mit höheren Spannen arbeiten, hart ins Schleudern. Die Zeitspannen, in denen Schuhe regulär und ohne Rabatte verkauft werden, schrumpfen. Finanzielle Rücklagen fehlen.

Österreich zählt 2.500 Schuhhändler mit 8.800 Mitarbeitern. Die Hälfte des Umsatzes von 1,25 Milliarden Euro erzielen große Filialisten. Der deutsche Konzern Deichmann überholte hier im Vorjahr nach Angaben des Schuhverbands die steirische Leder-&-Schuh-Gruppe mit Vertriebslinien wie Humanic als neuer Marktführer. Salamander und Delka sind die drittgrößte Kette der Branche. Eine forsche Expansion legte der polnische Anbieter CCC hin. Der übrige Handel wird von Familienbetrieben getragen, mit jeweils maximal einer Handvoll Standorte. Sie formieren sich in Einkaufsgemeinschaften wie Garant und Ringschuh. (Verena Kainrath, 21.5.2020)