Die Regierung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist auch über Österreich verärgert.

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Er hatte es immer wieder angedroht, diesmal war es ihm ernst: Nach der Ankündigung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Dienstag, er beende die Sicherheitsvereinbarung mit Israel, folgten am Donnerstag entsprechende Schritte. Hochrangige israelische Beamte bestätigten gegenüber örtlichen Medien, dass sie von den Palästinensern über das Aussetzen der Vereinbarung in Kenntnis gesetzt worden seien. Zusatz: "Wir wissen noch nicht genau, was das heißt." Die Botschaft sei nämlich einigermaßen zweideutig.

Der Bruch mit Israel wird auch in der Palästinenserverwaltung kritisch gesehen. Die Palästinenser sind auf Israel angewiesen, in der Corona-Krise noch mehr als sonst. Zudem höhlt das Aussetzen der Sicherheitsvereinbarung den Status der Palästinenserbehörde aus. Hinter der kämpferischen Rhetorik scheint es auf palästinensischer Seite aber auch Stimmen zu geben, die zu kalmieren versuchen, wie mehrere Medien in der Region berichten. Um die eigenen Interessen zu wahren und zu vermeiden, dass in der Westbank das totale Chaos ausbricht, aber auch, um Israel vor Terroranschlägen zu schützen, werde man inoffiziell sehr wohl weiter auf Kooperation setzen, heißt es demnach hinter den Kulissen.

US-Außenminister Mike Pompeo bedauerte den Kooperationsbruch und rief zu einer Fortsetzung der Zusammenarbeit auf. Zuvor hatte die amerikanische UN-Abgesandte Kelly Craft Israelis und Palästinenser dazu aufgerufen, sich "wieder an einen Tisch zu setzen".

Österreich schert aus

Die erneute Zuspitzung im Konflikt zwischen Israel und Palästina sorgt auch innerhalb Europas für Zwist. Der Versuch, in der Europäischen Union mit einer Stimme zu sprechen und einhellige Kritik an Israel für eine geplante unilaterale Annexion zu üben, war am Widerstand Österreichs und Ungarns gescheitert. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte Israels Vorgehen dennoch kritisiert. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg erklärte, er wolle Israel nicht "vorverurteilen". In Israels Regierung wird das durchaus wohlwollend aufgenommen. Kritik gibt es hier hingegen an Borrells "Megafon-Diplomatie".

Offenbar sind sich auch Österreichs Regierungsfraktionen nicht alle einig, wie man sich zur Annexionsfrage verhalten soll. Die Vizechefin des grünen Klubs im Nationalrat, Ewa Ernst-Dziedzic, distanzierte sich am Donnerstag in einer Aussendung von Österreichs Blockadehaltung in der EU. Sie verwies auf das Regierungsprogramm. Dort habe man vereinbart, dass sich Österreich für nachhaltige Friedenslösungen im Nahen Osten einsetzen werde.

Vertreterin einberufen

Protest gab es auch von der palästinensischen Vertretung in Wien. Die auf EU-Ebene geäußerte Sorge sei alles andere als eine Vorverurteilung Israels, erklärte der palästinensische Botschafter Salah Abdel Shafi, sondern "eine Warnung vor dem Bruch von Völkerrecht".

Die österreichisch-palästinensischen Beziehungen sind derzeit auch aus einem anderen Grund belastet. Beim internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wird derzeit geprüft, ob das Gericht offiziell ein Verfahren gegen Israel wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in den Palästinensergebieten anstrengen wird. Österreich hat sich gemeinsam mit mehreren anderen Staaten dagegen ausgesprochen. In dem entsprechenden Schreiben vom März heißt es, Palästina sei zwar dem Strafgerichtshof beigetreten, das bedeute aber nicht automatisch, dass man es als Staat anerkenne. Es sei daher fraglich, ob der Gerichtshof überhaupt zuständig ist.

In Reaktion auf das Schreiben wurde Anfang der Woche die österreichische diplomatische Vertreterin in Ramallah zu Gesprächen in das palästinensische Außenministerium zitiert. Österreich solle seine Haltung in dieser Frage präzisieren, heißt es. (Maria Sterkl aus Tel Aviv, 21.5.2020)