Die britischen Strände werden in diesem Jahr vor allem jenen vorbehalten bleiben, die sie besonders schätzen: den Britinnen und Briten selbst.

Foto: EPA / Vickie Flores

Premierminister Boris .Johnson selbst hat es in seiner TV-Ansprache vor knapp zwei Wochen bestätigt: Das Land mit der höchsten Sterbeziffer Europas (Stand Donnerstag laut Gesundheitsministerium: 36.042 Covid-Tote) werde "demnächst" eine 14-tägige Quarantäne für ins Land kommende Menschen einrichten. In den Tagen darauf herrschte allgemeine Verwirrung. Zunächst war nur von Flugreisenden die Rede, hastig wurde später präzisiert: Die Regelung werde auch für Eurostar- und Fährpassagiere gelten.

Die gemeinsame Reisezone mit der Republik Irland soll ohne Selbstisolierung aufrechterhalten werden, schon um des Friedens in Nordirland willen. Den Plan, auch Frankreich von den neuen Bestimmungen auszunehmen, verwarf die Downing Street hingegen wenige Tage später wieder.

"Idiotisch und undurchführbar"

Johnsons vage Ankündigung rief in den betroffenen Branchen wie Luftfahrt und Tourismus Bestürzung hervor. Wenige Tage später verstärkte Gesundheitsminister Matthew Hancock die schlechte Stimmung, indem er den üblicherweise ans Mittelmeer führenden Sommerurlaub seiner Landsleute für "mehr oder weniger abgesagt" erklärte.

Die blanke Ablehnung formulierte in gewohnter Schärfe der Vorstandschef der irischen Airline Ryanair, Michael O'Leary: Die Quarantänepläne seien "idiotisch und undurchführbar". Tatsächlich sind Zweifel angebracht, ob Großbritanniens Gesundheitsbehörden und Polizei Kapazität und Know-how haben, um die gewünschte 14-tägige Selbstisolierung durchzusetzen.

Kein Glaube im Volk

Dennoch gibt sich die Bevölkerung pessimistisch. 75 Prozent der Briten glauben nicht daran, dass der längst gebuchte Auslandsurlaub im Juli oder August wirklich über die Bühne gehen kann, ergab kürzlich eine Befragung der halbstaatlichen Behörde Visit Britain. Die Tourismuswerber haben deshalb kurzerhand das "Jahr des Urlaubs im eigenen Land" ausgerufen. Resultat: Campingplätze und Caravanparks verzeichnen Rekordbuchungen.

Diese Woche sprach Verkehrsminister Grant Shapps von "Luftbrücken" in Länder mit vergleichbaren oder besseren Corona-Zahlen. Infrage kommen also alle Nachbarn, schließlich hat die Pandemie, bezogen auf die Bevölkerungsgröße, nur in Belgien, Spanien und Italien schlimmer gewütet. Branchenkenner geben sich skeptisch: "Die Regierung macht immer wieder große Ankündigungen und zieht sie kurz darauf zurück", seufzt Noel Josephides vom Reiseveranstalterverband Aito.

Don't "Visit Britain"

Es gebe da wohl "eine lebhafte Debatte innerhalb der Regierung", ironisiert der frühere konservative Vizepremier Damian Green das Kuddelmuddel. Dabei geht es für viele Firmen und berühmte Sehenswürdigkeiten wie Westminster Abbey oder das Globe-Theater ums nackte Überleben. Der Tourismus war bisher die fünftgrößte Branche auf der Insel und erwirtschaftete mit 3,3 Millionen Beschäftigten zuletzt umgerechnet 175 Milliarden Euro, zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Aus Sicht der Visit-Britain-Chefin Patricia Yates wären die Ausnahmeregeln besonders für Deutsche, Franzosen und Italiener wichtig, schließlich kommen von dort traditionell die meisten Besucher auf die Insel, von US-Amerikanern einmal abgesehen. Die Reiseveranstalter drängen zusätzlich auf eine Lösung für Spanien, wohin Briten im vergangenen Jahr 18 Millionen Mal reisten. (Sebastian Borger aus London, 22.5.2020)