Ramsan Kadyrow ist mit einem Flugzeug nach Moskau gebracht worden.

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Moskau – Der tschetschenische Regionalpräsident Ramsan Kadyrow hat sich möglicherweise mit dem Coronavirus infiziert. Er sei mit einem Flugzeug nach Moskau gebracht worden, wo er nun unter "medizinischer Überwachung" stehe, berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass am Donnerstagabend. Demnach war sein Zustand stabil. Laut der Agentur Ria Nowosti wird der 43-Jährige in einer Moskauer Klinik behandelt.

Die tschetschenischen Behörden kommentierten die Berichte zunächst nicht und betonten nur, Kadyrow leite die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie.

Vorwürfe

Der seit 2007 autoritär herrschende Kadyrow geht angesichts der Corona-Krise noch härter gegen Kritik und abweichende Meinungen vor als sonst. Aus seinem isolierten Machtbereich dringen neue Vorwürfe von Pressezensur und Einschüchterungen durch die Polizei nach außen.

Kadyrow gilt als unumstrittene Nummer eins in Tschetschenien. Der Kreml rechnet ihm hoch an, dass er nach vielen Jahren Krieg und islamistischen Unruhen Stabilität in die Region gebracht hat. Menschenrechtsgruppen verweisen jedoch auf erschreckende Fälle von außergerichtlichen Tötungen und Entführungen.

Methoden

Als sich in Russland die Corona-Pandemie ausbreitete, zirkulierten in Online-Netzwerken Videos von tschetschenischen Polizisten, die durch Straßen patrouillierten und die Ausgangssperre mit Knüppeln durchsetzten. Die Moscheen in der mehrheitlich muslimischen Kaukasusrepublik verkündeten Strafen für die Missachtung der Quarantäne und der Vorschriften zum Tragen von Schutzausrüstung in der Öffentlichkeit.

Bisher wurden in Tschetschenien offiziell rund tausend Infektionsfälle und elf Corona-Tote gezählt. Beobachter vermuten, dass die Zahlen höher sind. (APA, AFP, 21.5.2020)