Andrea Mayer gilt als fokussiert und durchsetzungsstark. Es sind Eigenschaften, die sie zweifellos im Übermaß brachen wird, um der Kultur zu helfen.

Foto: Matthias Cremer

Nach einem Doorstep und einem Kameraschwenk beim Arbeitsgespräch mit 40 Vertretern der heimischen Kulturbranche verabschiedete sich die neue Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer am frühen Freitagnachmittag vorerst aus dem Rampenlicht. Die ersten Details zum Konzept der Bundesregierung zur stufenweisen Öffnung des Kulturbetriebs samt bevorstehenden Anpassungen wollte sie mit den geladenen Kulturmanagern hinter verschlossenen Türen besprechen.

"Ich werde heute zuhören", versprach sie und betonte, wie wichtig ihr "der Dialog und die offene Kommunikation" mit den Kulturmanagern seien. Die "gesundheitspolitischen Voraussetzungen" können bei den Rahmenbedingungen jedoch nicht ignoriert und "Erreichtes nicht aufs Spiel gesetzt" werden. Der gemeinsame Nenner ist das Ziel. Anfang nächster Woche soll das Ergebnis in Form einer neuen Verordnung vorliegen.

Die Arbeit hinter den Kulissen hat jetzt absolute Priorität. Die Notwendigkeit und Bedeutung dessen an der Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung kennt Andrea Mayer bestens. Der Hintergrund war über Jahrzehnte ihre natürliche Umgebung: als Kabinettsdirektorin in der Präsidentschaftskanzlei (seit 2017) und vor allem als einstige Sektionschefin im Kulturministerium, womit sie als Aufsichtsorgan in diversen Kuratorien oder als Eigentümervertreterin des Bundes mehr Einblick in den Kunst- und Kulturbetrieb hatte als ihre wechselnden Chefs.

"Leidliches Talent" am Klavier

Der Vordergrund ist für Andrea Mayer eher ungewohntes Terrain. Die mediale Feuertaufe hat sie in den letzten Tagen wohlbehalten überstanden: inklusive eines Stromausfalls bei ihrer Antrittspressekonferenz und eines ZiB 2-Interviews am Mittwochabend. Armin Wolfs Fragen parierte sie inhaltlich und auch authentisch, als ihr eine kleine Dosis Dialekt entschlüpfte. Geringfügige Mängel an Souveränität, um vor laufender Kamera Rede und Antwort zu stehen, wird sie wohl bald hinter sich lassen. Ihr "leidliches Talent" als Klavierspielerin, wie Mayer diese Woche eingestand, habe sie in ihren Jugendjahren durch braves Üben zu kompensieren versucht.

Über das Privatleben der 57-Jährigen ist kaum etwas bekannt. Einzig der Nachnamen-Wechsel wies darauf hin. Die Ehe mit Alois Ecker, Leiter des Fachdidaktikzentrums "Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung" an der Uni Wien, wurde geschieden. Die gemeinsamen Zwillinge sind mittlerweile 17 Jahre alt. Andrea Mayer, als solche 1962 in Amstetten geboren, nahm wieder ihren Mädchennamen an.

Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte sowie Rechtswissenschaften heuerte sie 1993 bei Kulturminister Rudolf Scholten an und wechselte später ins Wissenschaftsministerium. 2007 holte sie die Kulturministerin Claudia Schmied als Chefin der Kunstsektion in ihr Team. Ein Jahr später fiel ihr Name im Zusammenhang mit Subventionskürzungen.

Einer geleakten Liste zufolge hatte die Beamtin Einsparungspotenzial erkannt, etwa beim "steirischen herbst", dem Wiener Schauspielhaus oder den Wiener Symphonikern. Die Aufregung war groß. Die Ministerin dementierte eine Beauftragung dazu. Ein Alleingang der Sektionschefin klang jedoch unglaubwürdig.

Als Josef Ostermayer 2015 die Sektionen Kunst und Kultur fusionierte, bewarb sich Mayer. 17 Bewerber hatten das Nachsehen. Als Sektionsleiterin versah sie auch unter Thomas Drozda ihren Dienst bis zum Wechsel in die Präsidentschaftskanzlei zu Alexander Van der Bellen.

Kommissionen und Aufsichtsgremien

So weit die beruflichen Stationen, die kaum Aufschluss über ihr Wirken an vorderster Front geben. Etwa, wenn es um ihre Aufgabe in Findungskommissionen bei Besetzungen von Schlüsselpositionen im Kulturbetrieb ging. Zu nennen wäre auch ihre Funktion als Kuratoriumsmitglied, etwa des Wiener Konzerthauses oder der Salzburger Festspiele.

Mayers Rolle war nicht immer unumstritten: erinnerlich etwa die "Zwistfestspiele" mit Intendant Alexander Pereira, dessen kostspieliges, weil opulentes Festspielprogramm dem Kuratorium unter ihrem Vorsitz ein Dorn im Auge war. Als er sich an die Mailänder Scala verpflichtete, löste man seinen Vertrag 2013 vorzeitig.

Inwieweit sie laufend über Interna im Belvedere informiert war, ist unbekannt. 2016 wurden Verstöße Agnes Hussleins gegen Compliance-Richtlinien öffentlich. Protokolle des verantwortlichen Aufsichtsorgans, die Einblick hätten geben können, lagen im Ministerium nicht vor. Der Kuratoriumsvorsitzende wurde von der Sektionschefin abgelöst, womit sie vorerst an sich selbst berichtete. Zeitnah zum Dienstantritt in der Präsidentschaftskanzlei übernahm sie den Vorsitz des Belvedere-Kuratoriums endgültig. Diese Funktion legte sie diese Woche zurück, ihre SPÖ-Mitgliedschaft stellte sie ruhend.

Die Reaktionen der Szene auf ihre Bestellung zur Kulturstaatssekretärin fielen ausnahmslos positiv aus. Weggefährten beschreiben sie als fokussiert und durchsetzungsstark. Ihre bisweilen sehr resolute Art soll in der Sektion noch gut in Erinnerung geblieben sein. (Olga Kronsteiner, 24.5.2020)