Schladming/Wien – Anna mag man eben. Der Spruch hat die Skirennläuferin Anna Veith, die vor ihrer Hochzeit Fenninger hieß, oft begleitet. Sie war keine 20 Jahre alt, als sie Anfang 2009 erstmals auf einem Weltcup-Podest stand, als Zweite im Super-G in Cortina d'Ampezzo. Der erste Sieg gelang bei einer WM, 2011 in Garmisch-Partenkirchen holte die Salzburgerin den Titel in der Superkombination. Im Weltcup schaffte sie 15 Siege, den letzten Ende 2017 nach zwei schweren Knieoperationen, und insgesamt 46 Podestplätze. 2014 und 2015 holte sie den Gesamtweltcup, 2014 wurde sie Olympiasiegerin im Super-G, 2015 Weltmeisterin im Super-G und im Riesenslalom.

Anna Veith, Olympionikin und dreifache Weltmeisterin.
Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Keine Frage, Anna Veith ist Österreichs herausragende Skirennläuferin der Zehnerjahre. Am Samstag dürfte sie in Schladming/Rohrmoos ihren Rücktritt erklären. Das auf ORF 1 ab 18.55 Uhr übertragene Gespräch Veiths mit Alexandra Meissnitzer hätte keinen Sinn, würde die 30-Jährige ihrer Freude aufs nächste Training Ausdruck verleihen. Spannend wird, inwieweit auch jene Zeit thematisiert wird, als Veith die Auflehnung wagte, die Auflehnung gegen den Skiverband (ÖSV) mit Peter Schröcksnadel an der Spitze und mit der "Kronen Zeitung" an der Seite.

Ein Dorn im Auge des ÖSV

Es war vor fast genau fünf Jahren, im Mai 2015, kurz zuvor hatte Veith zweimal WM-Gold und das zweite große Kristall gewonnen. Da war Anna plötzlich keine mehr, die man mochte im ÖSV. Sie trat mit deutschem Manager (Klaus Kärcher) auf, der sie noch dazu mit Mercedes verbandeln wollte. Das alles war dem Verband und seinem Partner Audi ein Dorn im Auge. Fenninger sah sich – zu Recht – vom ÖSV schlechter behandelt als Marcel Hirscher, sie verlangte bessere Betreuung, drohte mit Rücktritt.

Eine erste Einigung erwies sich als vermeintliche, Veith trat in einer von Mercedes unterstützten Aktion für den Sport-Oscar Laureus auf. Im ÖSV war großes Kragenplatzen angesagt. Schröcksnadel warf der Rennläuferin "Selbstsucht" vor, sah sie "irregeleitet" und kündigte an, sich nun selbst um die Causa zu kümmern, die er zuerst den Kollegen Klaus Leistner und Hans Pum überlassen hatte.

Eine überragende Statistik.

Friedensschluss

Schröcksnadels Kümmerung gipfelte in einem denkwürdigen Medientermin im Wiener Hotel Marriott. Nur in Turin, sagte der ÖSV-Chef, habe er einen ähnlichen Auflauf erlebt. Turin war der olympische Dopingskandal 2006 mit Schröcksnadels Aussage "Austria is a too small country to make good doping". Die Sache mit Veith hat der ÖSV besser hinbekommen, Schröcksnadel erklärte den Friedensschluss, der sogar die "Krone" überraschte. "Zum 26er erhält Anna den Laufpass", war da tags zuvor, an Fenningers 26. Geburtstag, zu lesen gewesen.

Wie sehr sich die "Krone" als Partner und Sponsor des Skiverbands an Veith abgearbeitet hat, das trat vor wenigen Tagen noch einmal zutage. Da posaunte das Blatt die Ankündigung von Veiths Rücktritt hinaus, um die "riesige Wandlung" der Sportlerin schon im Titel zu loben, der da lautete "Von der 'Zicke' zur Dame". Zicke eh unter Anführungszeichen. "Stur", "scheu", "unfreundlich" sei Veith gewesen, ehe sie, "geprägt von all den Rückschlägen und der Ehe mit ihrem Manuel, zur Dame wurde", hieß es im Text.

Auch dazu, dass sie das nun hinter sich lässt, muss man Anna Veith nun gratulieren. Zu ihren Erfolgen und dazu, dass sie einst den Aufstand wagte, sowieso. (Fritz Neumann, 23.5.2020)