Der derzeit noch amtierende US-Botschafter in Deutschland war in seinem Gastland aufgrund diverser umstrittener Aussagen wenig beliebt.

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Richard Grenell, US-Botschafter in Deutschland, wird einem Bericht der deutschen Nachrichtenagentur dpa zufolge in den kommenden Wochen seinen Posten als Botschafter in Berlin räumen. Der Schritt wurde erwartet, nachdem er bereits Anfang März das Weiße Haus über seinen Abtritt – schon deutlich vor der Präsidentenwahl in den USA am 3. November – informiert hatte. Grenell bestätigte den Bericht des US-Magazins "The Daily Wire", eine offizielle Bestätigung steht allerdings bis heute aus. Der 54-Jährige hatte sich damals allerdings noch bereiterklärt, den damals vakanten Posten des Koordinators der Geheimdienste (Director of National Intelligenc, DNI) interimistisch zu übernehmen. Auf Twitter bedankte sich Grenell am Sonntag bereits für mehrere Abschiedsgrüße.

Vergangene Woche wurde ein neuer, permanenter Koordinator für die 17 zivilen und militärischen Nachrichtendienste gefunden: Der US-Senat bestätigte den Kongressabgeordneten John Ratcliffe als neuen Geheimdienstkoordinator. Am Dienstag soll der umstrittene Republikaner vereidigt werden. Trump hatte bereits im vergangenen Juli angekündigt, Ratcliffe für den Posten zu nominieren. Dieser hatte sich dann aber aus dem Nominierungsprozess zurückgezogen.

Die "Washington Post" hatte damals gemeldet, Ratcliffe habe falsche Angaben zu seiner Vergangenheit als Staatsanwalt in Texas gemacht, um so seine Erfahrung auf dem Feld der nationalen Sicherheit besser erscheinen zu lassen. Die "New York Times" wiederum hatte berichtet, dass auch mehrere Republikaner Bedenken angemeldet hätten, da sie Ratcliffe für die Position für zu parteipolitisch ausgerichtet hielten. Nun kommt er allerdings doch zum Zug.

Wenig diplomatischer Kurz-Fan

Ratcliffe gilt wie Grenell als treuer Gefolgsmann von Präsident Trump Donald Trump. Seine Arbeit als Botschafter ging Grenell wenig diplomatisch an. Gegenüber der Regierung in Berlin trat er in seinen zwei Jahren in Deutschland überaus feindselig auf. Er kritisierte sie des Öfteren, und das entgegen allen Usancen in aller Öffentlichkeit. So griff er Deutschland unter anderem aufgrund der aus US-Sicht zu geringen deutschen Verteidigungsausgaben an, der Iran-Politik, der Nordstream-2-Ölpipeline oder wegen der Frage, ob das chinesische Unternehmen Huawei am Aufbau des deutschen 5G-Netzwerks beteiligt werden soll. Im Interview mit der weit rechts stehenden Plattform "Breitbart" rief Grenell zur Stärkung konservativer und populistischer Kräfte in Europa auf. Der SPD-Politiker und ehemalige deutsche Kanzlerkandidat Martin Schulz warf Grenell vor, er benehme sich wie ein "rechtsextremer Kolonialoffizier".

Damit spiegelte er die Politik des US-Präsidenten wider, zu dem Grenell enge Kontakte pflegt. Die Politik von Kanzlerin Angela Merkel stellte er meist jener des US-Präsidenten oder anderer Politiker gegenüber. Den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz hingegen bezeichnete er als "Rockstar": Ein im Juni 2018 geplantes Treffen mit Kurz sagte er nach vermehrter öffentlicher Kritik ab. Zu locker nahm der Botschafter es mit der mit seinem Beruf einhergehenden Verpflichtung zur politischen Neutralität. Zudem ist es unüblich, dass ein Botschafter einen Regierungschef bei einem Besuch im Gastland einlädt. Gegen Kurz standen Vorwürfe im Raum, er würde mit dem Treffen einen diplomatischen Eklat risikieren.

Auf Twitter reagierte Grenell am Sonntag auf einen Kommentar, laut dem nun ein kollektiver Seufzer der Erleichterung durch Deutschland gehe, mit den Worten: "Sie machen einen großen Fehler, wenn Sie glauben, der Druck Amerikas hört auf. Sie kennen die Amerikaner nicht."

Seine Stellvertreterin Robin Quinville, eine Karrierediplomatin, dürfte nach Grenell kommissarisch die Geschäfte führen. Oppositionelle aus den Reihen der Grünen und der Linken hoffen nach dem Ausscheiden Grenells auf eine Verbesserung der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. (giu, 25.5.2020)