Der Raspberry Pi ist ein Computer, ein Smart-Home Hub, ein Netzwerkknotenpunkt, eine Videospielkonsole, ein Sensordatenmessgerät, ein Medienverwaltungssystem, ein Streaming-Endpoint, ein Host für Webseiten und vieles mehr. Er besteht aus einer Platine, auf der modellabhängig ein Prozessor, USB- und HDMI-Schnittstellen, RAM, eine Ethernet-Verbindung und General-Purpose-Input-Output-Stecker angebracht sind.

Wer hier nur Spanisch versteht, dem ist die Sache trotzdem leicht erklärt: Der „Pi“ ist eine Sandkiste, in der nach Belieben gebaut werden kann. Menschen mit verschiedensten technischen Hintergründen programmieren den Pi, damit er genau das macht, was sie für ihre Anwendungen brauchen.

Anwendungsbeispiele

Hobby-Bastler machen sich den Mini-Computer zu Nutze und bauen sich mithilfe eines Temperatursensors, der nur wenige Euro kostet, eine kleine Wetterstation für zu Hause, die mit netten Animationen täglich das Wetter anzeigt.

Andere bauen sich mit vielen kleinen Einzelteilen einen Ultraschall-Parksensor fürs Auto, der die Distanz zwischen einem Objekt und dem Sensor misst und ein akustisches Warnsignal abgibt, wenn das Fahrzeug sich diesem Objekt nähert. Oder können alte Drucker aufgerüstet werden, um ihnen per Wlan Druckbefehle übertragen zu können.

Ein Raspberry Pi.
Foto: pixabay/albertoadan
Möglichkeiten des Pi.
Screenshot: Zeiler/hackster.io

In den letzten Monaten hat sich eine große Gruppe an Technikaffinen gebildet, die sich mit Projekten zur Prävention der Übertragung des Coronavirus beschäftigt. Dabei entstanden kontaktlose Türklingeln, Beatmungsgeräte und Masken-Sterilisatoren mithilfe von Raspberry Pis und dem Microcontroller "Arduino".

Der Raspberry-Ozean ist tief: Es können fixfertige Operating Systems installiert werden, die gleich nach dem ersten Einschalten ihre Funktion erfüllen. So stellt zum Beispiel die Raspberry Pi Foundation selbst ein OS zur Verfügung, mit dem mühelos ein PC zur Verfügung steht, mit dem gesurft, Emails geschrieben und Videos angesehen werden kann. Und das für knapp 40 € (neuestes Modell).

Die Geburt des Himbeerkuchens

Das kleine Technikwunder kam Anfang 2012 auf den Markt. Eben Upton, ein britischer Engineer und Mitbegründer der Raspberry Pi Foundation, erschuf den kleinen Computer, um jungen Menschen den Einstieg in die Hardware- und Programmierwelt zu erleichtern. Anstatt der anfangs erwarteten 1.000 Stück wurden letzten Endes am ersten Verkaufstag über 100.000 Geräte bestellt. Bis im Jahr 2018 wurden mehr als 22 Millionen Einheiten verkauft. Der Raspberry Pi war ein voller Erfolg.

Der Name des Produkts orientiert sich an anderen Technikprodukten, die nach Früchten benannt wurden. Das „Pi“ im Raspberry Pi steht für „Python interpreter“, da die Platine tief mit der Programmiersprache Python verwurzelt war.

Makers make things

Wer interessiert sich denn für sowas? Unter anderem bedient sich eine bestimmte Subkultur dieser technologischen Raffinesse, deren Anhänger auf der ganzen Welt verstreut sind und den Namen „Makers“ tragen. Maker sind Menschen, die Freude am Herstellen und Reparieren eigener technischer Gerätschaften haben. Sie wollen unabhängig von großen Medienkonzernen Anwendungen und Produkte basteln, die sie in ihrer Freizeit bauen und mit ihrer Community teilen. Sogenannte „Maker-Spaces“ sind Werkstätten, in denen teure Geräte wie 3D-Drucker oder Laser-Cutter für den Gemeinschaftsbetrieb gelagert sind. Diese werden in städtischen Gebieten immer häufiger.

Chris Anderson, ehemaliger Chefredakteur des Technologie-Magazins „Wired“, bezeichnet diese Bewegung in seinem Buch „Makers: The New Industrial Revolution“ als die „dritte industrielle Revolution“. Er begründet dies dadurch, dass durch Produkte wie dem Raspberry Pi die technischen Produktionsmittel durch ihren niedrigen Preis demokratisiert werden und dadurch ein Schub an Kreativität und Innovation in der Bevölkerung entstehen wird.

Mein eigener Pi.
Foto: Lukas Zeiler

Man sieht die Früchte dieses branchenübergreifenden Projekts in vielen Bereichen des Lebens. Die Software von Smart-Home-Produkten basiert häufig auf dem „ZigBee“ Kommunikationsstandard, um die Möglichkeit eines markenübergreifendes Heim-Systems realisierbar zu machen. Laien können sich ihr Smart-Home mit Geräten von unterschiedlichen Herstellern einrichten, die miteinander kommunizieren können, und gleichzeitig wird Makern die Freiheit gegeben, ihre Smart-Lampen, Fernbedienungen und Smart-Thermostate nach Belieben umzuprogrammieren.

In englischen Volksschulen machen Kinder bereits ihre ersten Erfahrungen mit dem Wesen des Digitalen, indem ihnen das Verständnis für Hardware und das Programmieren mithilfe des von der BBC ins Leben gerufenen micro:bit sozusagen in die Wiege gelegt wird. Der micro:bit funktioniert ähnlich wie ein Raspberry Pi und bietet auf seiner Website kindergerechte Technikprojekte zum Nachbauen.

TEDx Talks
TED

Inspiration

Wer seine Maker-Künste auf die Probe stellen will, findet auf der Website hackster.io einen unerschöpflichen Vorrat an Ideen. Mehr Information über die Bewegung kann in einem unserer TED Talks gefunden werden. (Lukas Zeiler, 10.6.2020)

Lukas Zeiler ist Blogautor für TEDxVienna und studiert Digital Media Production an der FH St. Pölten. 


Weitere Beiträge im Blog