Die an der ISS angedockte Raumfähre Endeavour im Mai 2011. Es war der vorletzte Besuch eines Space Shuttles bei der Raumstation.
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Moskau/Washington – Die Ära der Internationalen Raumstation ISS neigt sich allmählich ihrem Ende zu. Kommt es zu keiner weiteren Verlängerung, dann könnte die ISS, die seit annähernd 20 Jahren dauerhaft von Raumfahrern besetzt ist, schon in vier Jahre durch einen kontrollierten Absturz aus dem Erdorbit geholt werden.

Arbeit an neuer Station könnte sofort beginnen

An einen Ersatz denkt derzeit nur Russland: Moskau erwägt mittlerweile recht konkret den Bau einer neuen Station. Mit den Arbeiten sollte sofort begonnen werden, sagte der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, am Montag dem Radiosender der Boulevardzeitung "Komsomolskaja Prawda".

"Russland war schon immer führend beim Bau von Raumstationen." Nun müssten die Fragen geklärt werden, ob sie national oder international betrieben werde und ob auch Weltraumtouristen sie besuchen könnten.

Bleibt die ISS bis 2030 in Betrieb?

Der Bau der ISS begann 1998; das erste Bauteil im All war das von Russland gebaute Fracht- und Antriebsmodul Sarja. Bis 2024 stehen die Pläne der Amerikaner und Russen für das milliardenschwere Projekt. Eine Verlängerung der Mission bis 2030 wird seit langem diskutiert. Dabei geht es auch um die Frage, ob der technische Zustand eine Verlängerung überhaupt zulässt.

Rogosin sagte dazu: "Wie lange wird es sie noch geben? Sieben, vielleicht zehn Jahre." Bei einzelnen Strukturen und Modulen gebe es bereits "Ermüdungserscheinungen". In der Raumstation rund 400 Kilometer über der Erde leben und arbeiten derzeit drei Raumfahrer.

Astronauten starten wieder von den USA zur ISS

Unterdessen sollen nach knapp neunjähriger Pause am 27. Mai mit einem Raumschiff des privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX erstmals wieder Astronauten von den USA aus zur ISS starten. Zuletzt waren im Sommer 2011 Astronauten mit der Raumfähre Atlantis von der Abschussrampe 39A des Weltraumbahnhofs Cape Canaveral aus zur Raumstation geflogen. Danach mottete die US-Raumfahrtbehörde Nasa ihre Space-Shuttle-Flotte aus Kostengründen ein und war für Flüge zur ISS seither auf Russland angewiesen.

Neben SpaceX war auch Boeing damit beauftragt worden, Transporter für Astronauten zu entwickeln. Der von Boeing entwickelte Starliner schaffte es allerdings bei einem ersten unbemannten Versuch im Dezember nicht zur ISS. Der unbemannte Test soll nun wiederholt werden. Bis dahin ruhen alle Hoffnungen auf dem Crew Dragon von SpaceX.

Von der Abschussrampe 39A des Weltraumbahnhofs Cape Canaveral soll der Crew Dragon am Mittwoch abheben.
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Längerer Aufenthalt geplant

Los geht es nach derzeitigem Plan am 27. Mai, wieder an der Abschussrampe 39A. Die Nasa-Astronauten Robert Behnken (49) und Douglas Hurley (53), beide Veteranen des Space-Shuttle-Programms, sollen um 22.32 Uhr (MESZ) mit einer Falcon-9-Rakete und dem Crew Dragon starten. Rund einen Monat sollen die beiden US-Astronauten an Bord der ISS bleiben – deutlich länger als geplant, denn die Raumstation ist derzeit mit nur drei Raumfahrern – den beiden Russen Anatoli Iwanischin und Iwan Wagner sowie dem Nasa-Astronauten Christoper Cassidy – zu knapp besetzt. Das Ganze sei ein Test, der "letzte Flugtest" des Crew Dragon, betont die Nasa. (red, APA, 26.5.2020)