Erläuterungstafeln zu Straßen- und Platznamen wie diese findet man in der Stadt Salzburg viele. Im Bild die neue Tafel am Stefan-Zweig-Platz.

foto: kay-michael dankl

Die Erläuterungstafel am Zweig-Platz vor der Textkorrektur.

foto: kay-michael dankl

Plötzlich – quasi über Nacht – war die neue Tafel angebracht, auf der die Namensgebung des Stefan-Zweig-Platzes in der Salzburger Altstadt erklärt wird: Stefan Zweig (1881–1942) Österreichischer Schriftsteller und Pazifist. Lebte von 1919 bis 1934 imHaus Kapuzinerberg 5, verließ Salzburg nach antisemitischen Anfeindungen und einer politisch motivierten Hausdurchsuchung steht an der Hauswand unter dem Straßenschild zu lesen.

Mit dem neuen Text auf der Erläuterungstafel hat das Stadtarchiv auf Proteste gegen die ursprüngliche Fassung reagiert. In der ersten Version stand nämlich zu lesen, dass Zweig nach einer polizeilichen Hausdurchsuchung nach London, 1941 schließlich nach Brasilien emigriert sei.

Der Platz in der rechten Altstadt gegenüber dem Aufgang zum Kapuzinerberg, wo Zweig gewohnt hatte, wurde erst Anfang 2019 nach dem Dichter benannt.

Anisemitische Hetze – Denunziation

Die Formulierung, Stefan Zweig sei nach einer "polizeilichen Hausdurchsuchung nach London emigriert", rücke ihn in das Licht eines Kriminellen, hatte dann Mitte vergangenen Jahres KPÖ-Gemeinderat Kay-Michael Dankl kritisiert. Es werde verschwiegen, dass Zweig jahrelang antisemitischer Hetze ausgesetzt war und die Polizei der austrofaschistischen Diktatur sein Haus aufgrund einer Denunziation durchsucht habe, weil Zweig angeblich Waffen des sozialdemokratischen Schutzbundes gelagert habe.

Dankl selbst ist durch Gäste aus Israel auf die Geschichtsklitterung aufmerksam gemacht worden. Er hatte daraufhin im Gemeinderat einen Antrag auf Neuformulierung gestellt: "Stefan Zweig war kein Krimineller und emigrierte nicht einfach so, er wurde in die Flucht gezwungen und in den Suizid getrieben."

Botschafterin Israels interveniert

Nach einem STANDARD-Bericht meldete sich schließlich auch die damalige Botschafterin Israels in Österreich, Talya Lador, zu Wort: "Ich hoffe, die Stadt Salzburg nimmt sich die Anregungen vieler Israelis zu Herzen. Stefan Zweig hat es verdient, dass man die genauen Umstände seiner Flucht erfährt – so schrecklich sie auch sein mögen", richtete sie in für eine Diplomatin ungewöhnlichen Direktheit der Salzburger Stadtverwaltung via Twitter aus.

KPÖ-Gemeinderat Dankl ist über die Korrektur hoch erfreut: "Es ist gut, dass die neue Tafel die Verfolgung und Repression gegen Zweig nicht mehr verschweigt. Es ist das Mindeste, was die Stadt im Gedenken an ihren vertriebenen Bürger tun kann."

Umstrittene Straßennamen

Mit Änderung der Zweig-Tafel ist die Debatte um die Straßenbezeichnungen in der Stadt Salzburg freilich längst nicht vorbei. Seit Jahren arbeitet eine Historikergruppe im Auftrag der Stadt an Vorschlägen, wie mit historisch belasteten Namen umgegangen werden soll. Im Fokus der Debatte steht neben der nach Adolf Hitlers Lieblingsbildhauer benannten Josef-Thorak-Straße auch eine nach dem antisemitischen Dichter Franz Stelzhamer benannte Straße. Zuletzt hatte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg, Hanna Feingold, in einem STANDARD-Interview die Umbenennung der Stelhamerstraße gefordert. (Thomas Neuhold, 26.5.2020)