Am Samstag wurde am österreichisch-tschechischen Grenzübergang Fratres/Slavonice für eine baldige Öffnung demonstriert. Der Eiserne Vorhang sitzt hier vielen noch in den Knochen.

Foto: Doris Köck

Die Abschottung von Staaten aufgrund der Corona-Krise sorgt auch an Österreichs Grenzen immer mehr für Unmut. Vor allem in den Grenzregionen selbst, wo man sich längst an den freien Reiseverkehr im Alltag gewöhnt hat, lässt das Verständnis für blockierte Straßen, gesperrte Übergänge und komplizierte Einreisebestimmungen spürbar nach.

Bereits vor einer Woche hatte eine tschechische Initiative Kundgebungen an 13 Grenzübergängen – darunter einem zu Österreich – organisiert, um Reisefreiheit zu fordern. Am Samstag kam es nun auf Initiative aus Österreich zu einer ähnlichen Demo: Etwa 50 Menschen trafen sich am gesperrten Übergang zwischen Fratres im nördlichen Waldviertel und der Stadt Slavonice im Süden Tschechiens.

"Chaotische Situation"

"Wir wollten darauf hinweisen, dass die Situation an der Grenze ziemlich chaotisch ist", erklärte der Organisator der Kundgebung, der Historiker Niklas Perzi vom St. Pöltener Institut für die Geschichte des ländlichen Raumes (IGLR), im Gespräch mit dem STANDARD. Von der Öffnung auch kleinerer Grenzübergänge, die gemäß österreichischen Regeln bereits vor einer Woche hätte umgesetzt werden sollen, sei vor Ort noch nichts zu merken, so Perzi: "Es gibt hier nach wie vor Eisensperren auf österreichischer und Betonblöcke auf tschechischer Seite. Die Grenze wird von Bundesheersoldaten bewacht und ist nicht passierbar."

In der Tat machen Grenzöffnungen nur Sinn, wenn sie bilateral akkordiert sind, was nicht immer der Fall ist. Zudem gelten weiter Einreisevoraussetzungen wie ein negativer Corona-Test oder Pflichtquarantäne. "Erst voriges Jahr haben wir den 30. Jahrestag des Falls des Eisernen Vorhangs gefeiert, und jetzt ist die Grenze wieder zu", sagt Perzi. "Da kommt schon ein mulmiges Gefühl auf."

Umstrittene Staatsquarantäne

Besonders heikel ist die Situation an der Grenze zur Slowakei, wo sehr drastische Maßnahmen gelten. Von Freitag bis Samstag etwa blockierten heimkehrende Slowaken den Autobahngrenzübergang Kittsee aus Protest gegen die vorgesehene Unterbringung in einem der umstrittenen staatlichen Quarantänezentren. Das Einsperren in den lagerähnlichen Zentren widerspreche dem Recht auf Menschenwürde, hatte jüngst auch die staatliche Ombudsfrau Mária Patakyová kritisiert.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg zeigte sich am Montag nach einer Videokonferenz mit seinen Amtskollegen aus Tschechien, der Slowakei und Ungarn optimistisch zu einer baldigen Grenzöffnung zu den Nachbarn. Ob aber alle drei Länder gleichzeitig mitziehen würden, sei noch fraglich, hieß es in offenkundiger Anspielung auf die bisher zurückhaltende Slowakei. (Gerald Schubert, 25.5.2020)