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Genf – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat klinische Tests des Malariamittels Hydroxychloroquin zur Behandlung der Coronavirus-Infektion wegen Sicherheitsbedenken ausgesetzt. Die Tests in mehreren Ländern seien "vorübergehend" eingestellt worden, während die Sicherheit des Medikaments überprüft werde, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag.

Die Entscheidung sei nach der Veröffentlichung einer Studie gefallen, wonach eine Behandlung mit Hydroxychloroquin möglicherweise die Sterblichkeitsrate erhöht. Ein Forschungsteam der Harvard Medical School in Boston und des Universitätsspitals Zürich hatte für die in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichte Studie die Daten von 96.000 Patienten in Hunderten Krankenhäusern weltweit ausgewertet.

Kein Nutzen bei Covid-Patienten

Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass Hydroxychloroquin und Chloroquin keinen Nutzen bei Covid-19-Patienten zeigen. Vielmehr wiesen die erhobenen Daten auf ein erhöhtes Sterberisiko hin. Die Mittel können demnach potenziell schwere Nebenwirkungen verursachen, vor allem Herzrhythmusstörungen.

Die beiden Medikamente seien aber allgemein "als sicher in der Anwendung bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen oder Malaria anerkannt", betonte Tedros. Die WHO hatte Hydroxychloroquin und Chloroquin ebenso wie andere Medikamente in einer Studie mit dem Namen "Solidarity" (Solidarität) getestet. Die anderen klinischen Tests von "Solidarity" würden fortgesetzt, sagte Tedros.

"Geschenk Gottes"

Wenig Beachtung schenkte US-Präsident Donald Trump den wissenschaftlichen Einschätzungen zu dem Medikament. Kürzlich teilte er mit, er nehme Hydroxychloroquin zur Vorbeugung gegen das Coronavirus. Im April bezeichnete er das Medikament gar als "Geschenk Gottes". Am Sonntag sagte Trump dann jedoch in einem Interview, er habe die Einnahme des Mittels inzwischen beendet. Trotz seiner Einnahme von Hydroxychloroquin sei er "noch da", fügte der Präsident ironisch hinzu. Auch Brasiliens Regierung empfahl kürzlich Hydroxychloroquin und Chloroquin zur Behandlung von Covid-19.

Die WHO warnte am Montag zudem angesichts der Lockerung der Corona-Beschränkungen in vielen Ländern vor einem möglichen erneuten Anstieg der Infektionszahlen. Die Organisation appellierte an die Staaten, Abstandsregeln beizubehalten und die Testkapazitäten auszuweiten.

Keine Zulassung für Avigan in Japan

Die japanische Regierung rückt unterdessen von einer Zulassung des Medikaments Avigan des Herstellers Fujifilm für die Behandlung von Covid-19 ab. Wie die Nachrichtenagentur Kyodo News unter Berufung auf einen Regierungsbeamten berichtete, werde keine Zulassung des Grippemedikaments wie ursprünglich geplant bis Ende Mai erfolgen.

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hatte Anfang des Monats gesagt, er hoffe, dass das Medikament irgendwann im Mai zugelassen werde, wenn seine Wirksamkeit und Sicherheit bestätigt werden könne. Die Fujifilm-Aktie brach in der vergangenen Woche ein, nachdem Kyodo berichtet hatte, dass eine Zwischenstudie keine eindeutigen Beweise für die Wirksamkeit von Avigan bei der Lungenerkrankung Covid-19 zeigte.

Deutsches Institut erwartet bezahlbaren Impfstoff

Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, rechnet mit einem bezahlbaren Corona-Impfstoff. Er erwarte, dass die Hersteller einen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus "nahe am Selbstkostenpreis" anbieten werden, so Cichutek. Das PEI ist das deutsche Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel.

"Es ist natürlich eine Prestigefrage, dass sich die Unternehmen gefordert fühlen, der Welt zu helfen und insofern die Welt nicht überfordern können hinsichtlich der Preise", so Cichutek. Eine flächendeckende Durchimpfung der Bevölkerung in Deutschland ist Cichutek zufolge "eine Sache von Monaten". (APA, red, 26.5.2020)