Alexander Schallenberg konferiert von seinem Büro im Wiener Außenministerium aus.

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Rom/Wien – Italien verlangt einen gemeinsamen Neustart des Tourismus in der EU am 15. Juni. "Wir setzen uns dafür ein, dass wir am 15. Juni gemeinsam neu anfangen können. Der 15. Juni soll für den Tourismus zum europäischen D-Day werden", so der italienische Außenminister Luigi Di Maio am Montagabend im öffentlich-rechtlichen TV-Sender Rai 1. Zuvor hatte Di Maio mit Außenminister Alexander Schallenberg wegen der Zurückhaltung Österreichs in der Frage der Grenzöffnung zu Italien und Slowenien telefoniert.

Die beiden Minister sprachen sich für die Rückkehr der vollen Reisefreiheit in Europa aus und vereinbarten eine "enge Abstimmung", hieß es aus dem Außenministerium. Eine solche besprache am Montag auch Innenminister Karl Nehammer mit seinem slowenischen Amtskollegen Ales Hojs. Hojs äußerte sich daraufhin zuversichtlich.

Luigi Di Maio, Außenminister Italiens.
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"Deutschland setzt auf die Öffnung am 15. Juni, wir arbeiten auch mit Österreich und anderen EU-Ländern an einem gemeinsamen Neubeginn", erklärte Di Maio. Der Neustart des ausländischen Fremdenverkehrs sei für Italien besonders wichtig. Priorität habe dabei, dass alle italienischen Regionen dieselben Maßnahmen einführen. "Ansonsten weiß der ausländische Tourist nicht mehr, wie er sich von einer Region zur anderen bewegen soll", warnte der 33-jährige Di Maio vor regional unterschiedlichem Vorgehen. Die Regierung sei bemüht, die Sommersaison zu retten.

"Wenn ein Land fällt, fallen alle"

Im Streit um die EU-Wiederaufbauhilfen nach der Corona-Krise rief Di Maio die sogenannten "Sparsamen Vier", zu denen auch Österreich zählt, zur Dialogbereitschaft auf. "Man muss begreifen: Wenn ein Land fällt, fallen alle. Wir sind bisher mit Verantwortungsbewusstsein für die Ausgaben zur Unterstützung unserer Unternehmen aufgekommen, doch dies genügt nicht, daher sind europäische Verhandlungen wichtig", erklärte der italienische Außenminister. Auf dem Spiel stehe die Zukunft der EU. "Ich glaube, dass die EU in der Lage ist, mithilfe des Recovery Fund eine neue Zukunft zu schreiben."

Ziel: "Volle Reisefreiheit"

Schallenberg betonte, das gemeinsame Ziel sei es, "die volle Reisefreiheit und die Personenfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union wiederherzustellen." Er und Di Maio seien sich einig gewesen, dass die derzeitige Situation in Europa eine "Abnormalität" darstelle. Laut Außenministerium bestand auch Einigkeit darüber, dass die Wiederherstellung der Reisefreiheit nur schrittweise erfolgen könne, um die hart erarbeiteten Erfolge der letzten Wochen nicht zu gefährden.

Auch Di Maio betonte die Einigkeit. "Sowohl Italien als auch Österreich fordern die Wiederherstellung der Reisefreiheit innerhalb der EU", hieß es in einer Presseaussendung des Außenministeriums in Rom. Die beiden Länder wollten weiterhin für dieses Ziel zusammenarbeiten. Zuvor hatte bereits Italiens Europaminister, Vincenzo Amendola, ein Telefongespräch mit EU-Ministerin Karoline Edtstadler geführt. Dabei ging es ebenfalls unter anderem um die Wiederherstellung der Reisefreiheit in Europa.

Zurückhaltung

Italien will seine Grenzen am 3. Juni für EU-Bürger öffnen, was für Österreich offenbar zu früh ist. Das Nachbarland zählt zu den von der Coronavirus-Pandemie am stärksten betroffenen Länder. Wegen der Grenze Italiens mit Slowenien ist Österreich auch bei der Öffnung der Grenze nach Slowenien zurückhaltend.

Der slowenische Innenminister Hojs zeigte sich nach dem Telefonat mit Nehammer aber zuversichtlich, dass Österreich die Entscheidung, die Einreisebeschränkungen an der Grenze zu Slowenien aufzuheben, möglichst bald treffen werde, hieß es aus dem slowenischen Innenministerium. Nehammer seinerseits betonte: "Ich bin mit dem slowenischen Innenminister im guten Kontakt über die Covid-Situation in unseren beiden Ländern sowie in den jeweiligen Nachbarstaaten, und wir werden uns auch weiterhin darüber eng abstimmen und austauschen."

Hojs hatte Nehammer aufgefordert, die Gründe zu nennen, warum Österreich seine Grenze zu Slowenien noch nicht geöffnet habe. Das kleinere südliche Nachbarland verzeichnet kaum noch neue Corona-Fälle. Nehammer verwies laut Angaben des slowenischen Innenministeriums auf zwei Sorgen: erstens, dass Italiener über Slowenien und Kroatien nach Österreich gelangen könnten. Die gesundheitliche Situation in Italien sei nämlich noch nicht so weit, dass Österreich die Einreise freigeben könne. Als zweiten Grund nannte er illegale Migration.

Streit um Touristen

Der slowenische Minister stellte seinem österreichischen Kollegen die Maßnahmen vor, die Slowenien an der Grenze zu Italien ergriffen habe. Hojs versicherte, dass sie "so lange bestehen bleiben, bis sich das epidemiologische Bild in dem Land verbessern wird".

Die slowenische Regierung hatte am Samstag scharfe Kritik an Österreich geübt und eine baldige Öffnung der Grenzen für den freien Personenverkehr gefordert. Zugleich warf der slowenische Außenamtssprecher Aleksander Gerzina Wien vor, jene Touristen im Land halten zu wollen, die an die slowenische oder kroatische Adriaküste reisen wollten. (red, APA, 26.5.2020)