Christian Pilnacek dürfte Sektionschef bleiben, aber nicht mehr mit Weisungen zu tun haben – die Entscheidung darüber fällt Justizministerin Alma Zadić.

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Im Justizministerium ist er wohl der umstrittenste Beamte: An Sektionschef Christian Pilnacek ist in den vergangenen Jahren von blauer, roter, grüner und pinker Seite Kritik geäußert worden. Etwa wegen umstrittener Weisungen oder des Empfangs von Beschuldigten in der Casinos-Affäre. Gleichzeitig gilt er als exzellenter Jurist und auch Legistiker, der in der Strafprozesssreform (StPO) große Meriten gesammelt hat.

Dem Vernehmen nach will Justizministerin Alma Zadić ihn nun wieder auf einen Posten setzen, an dem er diese seine Stärken ausspielen kann – und für weniger Wirbel sorgen soll. Schon am Dienstag hatten Gutinformierte dem STANDARD bestätigt, dass die große für Strafrecht zuständige Sektion IV (wieder) aufgeteilt werden soll. Die Legistik-Sektion soll sich weiterhin um Gesetzgebung kümmern und dadurch in engem Austausch mit der Politik stehen; die andere Sektion soll sich um die Einzelverfahren kümmern, in den Bereich fallen auch Fachaufsicht und Weisungsabteilung.

Strukturelle Probleme

Am frühen Abend hat Zadić dann diese Informationen bestätigt. "Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen", erklärte die Justizministerin. Sie verwies darauf, dass internationale wie nationale Experten für die Auftrennung von Fachaufsicht und Legistik plädieren. Die Leitung der beiden neuen Sektionen soll neu ausgeschrieben werden. In der "ZiB 2" erklärte Zadić, dass sie Pilnacek den Schritt ausführlich erklärt habe. "Es ist, glaube ich, auf Verständnis gestoßen". Die strukturellen Probleme hätten zudem dazu geführt, dass die Position des Sektionschefs medial schlecht dagestanden sei. Auf die Frage, ob neue Vorwürfe gegen Pilnacek sie zu diesem Schritt bewegt hätten, antwortete die Justizministerin, dafür sei die Staatsanwaltschaft zuständig.

Im Justizministerium findet ein wesentlicher Umbau statt: Die Supersektion Strafrecht wird zweigeteilt. Im "ZIB 2"-Interview äußert sich Justizministerin Alma Zadić (Die Grünen) zu dieser "internen Gewaltenteilung" und zu Sektionschef Christian Pilnacek.
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Diese Aufteilung in zwei Sektionen hat es im Justizministerium lange Zeit gegeben – bis die damalige Ministerin Claudia Bandion-Ortner 2010 die "Supersektion" Strafrecht geschaffen hat. Im Jahr 2010 legte sie die Sektion II (Straflegistik) mit der Sektion IV (Einzelstrafsachen) zusammen und ernannte Pilnacek zum Sektionschef. Seither gilt er als mächtigster Beamter im Justizressort; unter Josef Moser (ÖVP) war er von 2017 bis 2019 außerdem Generalsekretär.

Zusammenlegung und Proporz

Mit der Zusammenlegung der beiden Sektionen hatte die von der ÖVP (und da besonders von Raiffeisen) gestützte Justizministerin und Bawag-Richterin Bandion-Ortner einen eher unerwünschten Spitzenjuristen aus dem Haus bugsiert: Wolfgang Bogensberger, den Justizministerin Maria Berger (SPÖ) zuvor ins Amt als Sektionschef der Straflegislative geholt hatte. Der promovierte Philosoph und Jurist hatte davor in der EU gearbeitet und gilt als ausgewiesener Experte im internationalen und europäischen Strafrecht. Aber er war nicht schwarz.

Er habe den Eindruck, dass sein Hinausdrängen aus dem Justizministerium viel mit einem "falsch verstandenen Proporzdenken" zu tun habe, sagte der Spitzenjurist anlässlich seiner Verabschiedung im Sommer 2010. Und kehrte zurück nach Brüssel, als Rechtsberater des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission. 2016 kam er nach Wien zurück, aber nicht in die Justiz. Bogensberger ist Vizechef der Vertretung der EU-Kommission in Österreich.

Keine Gewaltenteilung

Die Zusammenlegung der beiden Sektionen hat auch fachlich immer wieder Kritiker auf den Plan gerufen. Dass ein Beamter im Justizressort gleichzeitig für die Gesetzgebung als auch die Gesetzesanwendung verantwortlich ist, entspreche nicht dem Prinzip der Gewaltenteilung.

In der ÖVP hat man mit der Justiz zuletzt wenig Freude gehabt. Kanzler Sebastian Kurz hat die Justiz – vor allem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)– im Zuge der Casinos-Affäre schon in einem Hintergrundgespräch scharf kritisiert. Damals, knapp vor der Corona-Pandemie, kam es auch zu einem Justizgipfel mit Kurz, Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Zadić. In der "ZiB 2" meinte die Justizministerin am Dienstag schlicht, dass die ÖVP den Umbau zur Kenntnis genommen habe.

Streit mit WKStA

Vor dem Justizgipfel hatte Pilnacek Riesenstreit mit der WKStA: Die Korruptionsstaatsanwälte nahmen 2019 eine interne Dienstbesprechung zur Causa Eurofighter auf und zeigten Pilnacek daraufhin wegen Amtsmissbrauchs an. Der reagierte mit einer Gegenanzeige; beides blieb ohne Konsequenzen. Eine spätere Mediation soll die Wogen geglättet haben; im Hintergrund schwelte der Konflikt aber weiter. Zuletzt sind E-Mails aufgetaucht, in denen Pilnacek eine negative Darstellung der WKStA angeregt hatte. (red, gra, fsc, 26.5.2020)