Im Vorjahr war es im Norden Österreichs viel zu trocken. Und auch heuer fehlt der Niederschlag in weiten Teiles des Landes.

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Wien – Der Klimawandel hat Österreich fest im Griff. So lautet das Fazit von Herbert Formayer, Studienleiter des aktuellen Klimastatusberichts. Im Vorjahr lag die Durchschnittstemperatur in Österreich 2,3 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel zwischen 1961 und 1990. Hinzu kamen rekordverdächtige Niederschlagsmengen im Süden und Südwesten sowie lange Hitzeperioden im Nordosten.

Angesichts der fortschreitenden Erderwärmung sind diese langen und extremen Wetterperioden ein Phänomen, das voraussichtlich zunehmen wird, erklärte der Klimaforscher bei einem Pressegespräch am Dienstag. "Die Entwicklungen sind in den Kontext des Klimawandels zu stellen." 2019 war jedenfalls nicht nur ein Extremwetterjahr, sondern auch das drittwärmste der mehr als 250-jährigen Messgeschichte Österreichs. Neun der zehn wärmsten Jahre wurden im 21. Jahrhundert dokumentiert.

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Im Vorjahr wurde im Tiefland an 80 Tagen eine Maximaltemperatur von mehr als 25 Grad Celsius gemessen; an 25 Tagen lag sie über 30 Grad. Die Zahl der Frosttage nahm laut den Studienautoren gleichzeitig in allen Höhenlagen ab. Die Niederschlagsmenge variierte je nach Region extrem: Während es etwa in Oberösterreich viel zu trocken war, fiel im kärntnerischen Lavanttal innerhalb weniger Tage im November so viel Regen, wie Wien innerhalb eines Jahres abbekommt.

Auch heuer waren die ersten Monate des Jahres überdurchschnittlich warm und extrem trocken. Im Frühjahr fielen österreichweit nur rund 60 Prozent der normalen Niederschlagsmenge. Der Regen in den vergangenen Tagen dürfte den bisherigen Ausfall jedenfalls kaum wettmachen, sagte der Boku-Forscher. Der Niederschlag im Mai dürfte gerade einmal die oberen Erdschichten erreichen, in faktisch allen Ackerbaugebieten des Landes herrsche nach wie vor extremer Trockenstress.

Seen drohen auszutrocknen

Auch am Neusiedler See ist der mangelnde Niederschlag bereits deutlich zu spüren, sagt Formayer. Der burgenländische See hat im Mai einen Rekordtiefstand für diese Jahreszeit erreicht. Sollte es in den nächsten Wochen nicht ungewöhnlich viel regnen, könnte sich das auch auf das Freizeitangebot auswirken: Spätestens ab Juli könnte der Wasserstand so tief sein, dass Schwimmen und Segeln nur mehr schwer möglich sein werden. Langfristig könnten anhaltende Hitze- und Dürreperioden sogar dazu führen, dass vom Neusiedler See nicht mehr als ein Tümpel übrig bleiben wird, sagt der Meteorologe. "Die Wahrscheinlichkeit, dass er austrocknet, nimmt zu."

Der Klimastatusbericht, der im Auftrag der Bundesländer, des Klimaschutzministeriums und des Klima- und Energiefonds erstellt wurde, ist erstmals für alle neun Bundesländer verfügbar. In diesen sei das Bewusstsein über die Folgen des Klimawandels mittlerweile angekommen, sagte Klimafonds-Geschäftsführer Ingmar Höbarth. Nun sei Umsetzungsarbeit gefragt. Das dafür notwendige Budget soll diese Woche unter Dach und Fach gebracht werden. Die anvisierten zusätzlichen 160 Millionen Euro für Umwelt, Klima und Energie hält Höbarth für "keinen großen Wurf". Wesentlich sei daher, dass die geplante Ökosteuerreform im Jahr 2021 gelinge: "Wir brauchen ganz, ganz dringend einen CO2-Preis."

Nicht auf Green Deal vergessen

Dass das Klimabudget zu niedrig ausfallen dürfte, meint auch Formayer. Angesichts der Corona-Krise sei er jedoch froh, dass nicht mehr eingespart wurde. Wichtig sei nun, die Wirtschaft nicht wie zuvor wieder hochzufahren, sondern im Sinne des Klimaschutzes. Dabei dürfe keinesfalls auf den europäischen Green Deal vergessen werden, meint der Forscher.

Denn auch ein Blick in die Zukunft ist kaum rosiger: "Eine Ein-Grad-Erwärmung in der Vergangenheit ist nicht vergleichbar mit einer Erwärmung, die jetzt noch dazukommt", erklärt der Wissenschafter, "da werden die Probleme massiver werden." Klimamodelle würden derzeit auf einen stärkeren Entwicklungstrend hinweisen. Wenn das Pariser Klimaziel nicht erreicht wird, "müssen wir davon ausgehen, dass sich der ganze Mittelmeerraum in eine Wüste verwandelt", warnt Formayer. "Wenn wir nichts tun, sind wir in einer ganz anderen Welt." (Nora Laufer, 26.5.2020)