Am Brennerpass zwischen Österreich und Italien wird man bis auf weiteres mit Kontrollen rechnen müssen – je nachdem, aus welcher Richtung man kommt.

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Die Situation ist unübersichtlich und ändert sich ständig. Das einst vereinte Europa wurde wegen des Coronavirus wieder zu einem Fleckerlteppich an Grenzregimen. Das sorgt für gröbere Verstimmungen wie etwa in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Angesichts der hohen Infektionszahlen in Italien wird Österreich seine Grenze zum südlichen Nachbarn in absehbarer Zeit nicht öffnen, wie Außenminister Alexander Schallenberg und Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) gegenüber Medien bestätigten.

Umgekehrt plant Italien aber, die Einreise für EU-Bürger ab dem 3. Juni wieder zu erlauben. Schließlich ist man auf die Sommergäste angewiesen. Österreicher, die es an die Adria zieht, sollten sich aber vorab sehr gut informieren, warnt man im Innenministerium (BMI) – vor allem was die Rückreise betrifft. Denn derzeit gilt eine zweiwöchige Quarantäne für Heimkehrer aus Italien. "Ob das ein Arbeitgeber in der jetzigen Zeit akzeptiert, ist fraglich", gibt man seitens des BMI zu bedenken.

"Durchreise ohne Zwischenstopp"

Anders ist die Situation für Ausländer, die Österreich auf dem Weg zur Strandurlaubsdestination nur passieren. Ihnen erlaubt eine Verordnung des Gesundheitsministeriums "die Durchreise ohne Zwischenstopp, sofern die Ausreise sichergestellt ist". Einen eigenen "Korridor" für deutsche Urlauber, die es nach Süden zieht, gibt es aber nicht. Die Verordnung gilt für ganz Österreich und sämtliche Nachbarstaaten, sofern eben nur durchgefahren wird. Wirklich kontrollieren könne man freilich nicht, ob jemand ohne Zwischenstopp das Land passiert, räumt man selbst im BMI ein. Man setze daher auf die Eigenverantwortung und Kooperation der Urlauber.

Eine ganz ähnliche Regelung besteht wiederum am großen und am kleinen deutschen Eck für Passierende aus Österreich. Dort darf man mittlerweile ebenfalls für "touristische Zwecke", aber eben "ohne Zwischenstopp" durchfahren. Das ganz große deutsche Eck, von Vorarlberg über München nach Salzburg, bleibt aber weiter für Durchreisende geschlossen.

Gratistests für Urlauber

Die strengen Grenzkontrollen beflügeln offenbar die Fantasie der Politik. So hat Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) am Dienstagvormittag in einem Radiointerview die Idee kostenloser Corona-Tests für Urlauber aufgebracht. Damit soll Gästen die Rückreise in ihre Heimatländer erleichtert werden. Allerdings musste er kurz darauf zurückrudern und seinen Vorschlag präzisieren. Demnach sollen nur jene Urlauber, die in Hotels mit spezieller "Covid Protected Area" – das sind Betriebe, die besonders strenge Auflagen erfüllen und deren Gäste schon beim Check-in negative Tests sowie ärztliche Atteste vorweisen müssen – untergebracht sind, gratis und freiwillig serologische Antikörpertest und PCR-Tests erhalten.

In Tirol bedauerte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Dienstag, dass die Bestimmungen für die Grenze zu Italien vorerst nicht gelockert werden. Er verwies dabei auf die Infektionszahlen und nannte die italienische Provinz Lombardei als Grund für die weiterhin geltenden Kontrollen. Während die Entwicklungen in Südtirol und dem Trentino sehr vielversprechend seien und die Infektionen deutlich zurückgingen, hält man dort bei aktuell rund 25.000 Infizierten. Im vergleichbar großen Bayern seien es dagegen nur rund 2.500, erklärte Platter die unterschiedlichen Bestimmungen, was die Ein- und Ausreise nach Italien und Deutschland angeht.

"Antieuropäische Haltung"

Die Tiroler Oppositionsparteien pochen indes auf eine generelle Öffnung der Grenzen in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Sie werfen der Bundesregierung eine antieuropäische Haltung vor und prangern die Durchfahrtsregelung ohne Zwischenstopp für Ausländer als weder praktikabel noch gastfreundlich an. Platter erwiderte auf die Kritik, dass ein Europa ohne Grenzen wieder anzustreben sei. Die Entscheidung liege bei der Bundesregierung. (Steffen Arora, 26.5.2020)