Seit 20. Mai können heimische Unternehmen einen Fixkostenzuschuss aus dem Corona-Hilfsfonds beantragen. Die Richtlinien dazu wurden in letzter Sekunde überarbeitet. Im Gastkommentar geben sich die Volkswirtschaftsprofessoren Paul Pichler, Philipp Schmidt-Dengler und Christine Zulehner aber skeptisch, was die Ausgestaltung und Wirksamkeit dieses Instruments betrifft.

Der Fixkostenzuschuss ist ein zentraler Bestandteil des "Schutzschirms für die Wirtschaft", der das Überleben möglichst aller Unternehmen in der Corona-Krise sichern soll. Damit der "Neustart der Wirtschaft" nicht durch eine Vielzahl an Insolvenzen gebremst wird, soll das Eigenkapital der heimischen Betriebe gestärkt werden, indem ein Anteil ihrer Fixkosten vom Staat ersetzt wird. Die Höhe des Zuschusses ist nach dem erlittenen Umsatzausfall gestaffelt: Bei einem Ausfall von 40 bis 60 Prozent beträgt der Zuschuss ein Viertel, bei einem Umsatzausfall von über 60 bis 80 Prozent die Hälfte, und bei einem Umsatzausfall von über 80 Prozent drei Viertel der anrechenbaren Fixkosten. Für maximal drei Monate kann um einen Zuschuss angesucht werden, die maximale Zuschusshöhe beträgt pro Unternehmen stolze 90 Millionen Euro.

Fiasko abgewendet?

Eine erste, am 13. Mai auf der Website des Finanzministeriums publizierte Richtlinie zum Fixkostenzuschuss löste bei vielen Wirtschaftstreibenden, Oppositionspolitikern, aber auch Volkswirten große Verwunderung, bisweilen Entsetzen, aus. Durch nicht nachvollziehbar hohe Mindestzuschussgrenzen und die Reduktion des Zuschusses um Zahlungen aus dem Härtefallfonds wären die meisten Ein-Personen-Unternehmen (EPU) und Kleinunternehmen von Fixkostenzuschüssen ausgeschlossen worden, auch jene mit hohen Umsatzverlusten. Ein Massensterben heimischer Kleinbetriebe wäre die Folge gewesen. Im letzten Moment wurde die Richtlinie überarbeitet. EPUs und Kleinunternehmen bleiben jetzt nicht mehr systematisch unberücksichtigt. Auch Unternehmen, die als "nicht gesund" gelten, haben Anspruch auf Unterstützung. Die Rettung der heimischen Wirtschaft in letzter Sekunde? Das wird sich erst zeigen.

Viele gehen leer aus

Nach wie vor bekommen Unternehmen mit einem Umsatzausfall von unter 40 Prozent keinerlei Fixkostenzuschuss. Offenbar ist die Bundesregierung der Meinung, dass diese Unternehmen keine staatliche Unterstützung brauchen. Dies scheint überraschend optimistisch. In vielen Branchen sind die Gewinnmargen sehr klein, sodass Betriebe bei Umsatzausfällen von 35 Prozent bereits deutlich in der Verlustzone liegen. Bei einer – leider zu erwartenden – länger dauernden Konsumschwäche können viele Unternehmen, die zwar keine dramatischen Einbrüche, aber nachhaltige Umsatzeinbußen erlitten haben, mittelfristig in wirtschaftliche Existenznöte kommen. Ihnen sollte jetzt geholfen werden, um schleichende Insolvenzen frühzeitig abzuwehren.

Schwer getroffene Unternehmen bekommen ihre Fixkosten zwar teilweise ersetzt, jedoch nur zu einem – bei vielen geringen – Anteil und für maximal drei Monate. Bei etlichen Betrieben wird es deutlich länger dauern, bis sich die Umsätze erholen. Eine Verlängerungsmöglichkeit des Fixkostenzuschusses ist, im Gegensatz zur Kurzarbeit, (noch) nicht vorgesehen. Sollten zahlreiche umsatzschwache Monate auf die heimischen Betriebe zukommen, wäre dies ohne weitere Unterstützung für viele existenzbedrohend. Klassische Konjunkturprogramme, die nachfrageseitig Impulse setzen, aber keine direkte Unterstützung vorsehen, könnten die Situation entschärfen. Dass sie eine dann drohende Insolvenzwelle erfolgreich abwehren könnten, ist aber zu bezweifeln.

"Das Blut im Wirtschaftskreislauf halten": Werner Kogler und Gernot Blümel wollen Betriebe stützen.
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Problematische Ausgestaltung

Zuletzt ist auch die stufenweise Ausgestaltung der Ersatzrate in Abhängigkeit vom Umsatzausfall höchst problematisch. Ein Unternehmen, das etwa einen Umsatzausfall von 60,01 Prozent erleidet, bekommt 50 Prozent der Fixkosten ersetzt, ein Unternehmen mit Umsatzverlust von 60 Prozent jedoch nur 25 Prozent. Durch minimal höhere Umsätze können Unternehmen somit um tausende, im Extremfall sogar Millionen, Euro Zuschuss umfallen. Das ist nicht nur ungerecht, sondern schafft fragliche Anreize für Unternehmen, deren Umsatzausfall nahe bei 40, 60 oder 80 Prozent liegt, Umsatzsteigerungen an den Grenzen zu vermeiden. Aufgrund der Schadensminimierungspflicht ist dies zwar verboten, in der Praxis wird sich dieses Verbot jedoch schwer umsetzen lassen. Gerade in einer Rezession ist es nicht leicht zu beweisen, dass ein Unternehmen etwas höhere Umsätze hätte erwirtschaften können, hätte es sich mehr angestrengt.

Viele Unternehmen werden aufgrund der anhaltenden makroökonomischen Unsicherheit ohnehin nur langsam und vorsichtig zum Normalbetrieb zurückkehren. Bei Gefahr, aufgrund leicht steigender Umsätze große Teile finanzieller Zuschüsse zu verlieren, werden sie noch zurückhaltender agieren. Sein fehlerhaftes Design kann den Fixkostenzuschuss somit zur Inaktivitätsfalle für die österreichische Volkswirtschaft machen. Eine einfache Berechnungsformel ohne Stufensprünge hätte dieses Problem vermieden. (Paul Pichler, Philipp Schmidt-Dengler, Christine Zulehner, 27.5.2020)