Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.

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Wien/Luxemburg – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll die von Ungarn und Polen erhobenen Nichtigkeitsklagen gegen die Stärkung der Rechte von entsandten Arbeitnehmern in ihrer Gesamtheit abweisen. Das hat Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona dem EuGH am Donnerstag empfohlen. Üblicherweise folgen die EU-Richter den Empfehlungen von Generalanwälten.

Ungarn und Polen hatten sich gegen eine 2018 von der EU-Kommission erlassene Richtlinie gewandt. Diese soll einen besseren Schutz unter anderem beim Entgelt und bei den sozial- und arbeitsrechtlichen Ansprüchen für entsandte Arbeitnehmer garantieren. Nach dieser Richtlinie müssen die Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitnehmer grundsätzlich die Rechtsvorschriften einhalten, die im Land gelten, in das der Arbeitnehmer entsandt wurde. Das soll einem Lohn- und Sozialdumping durch entsandte Arbeitnehmer – das auch in Österreich oftmals beklagt wird – entgegenwirken.

Werden die Arbeitnehmer länger als zwölf Monate (Ausnahmefälle 18 Monate) entsandt, müssen die gleichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen wie auch für die Arbeitnehmer des Aufnahmestaats Anwendung finden.

Richtlinie legt nicht den Lohn fest

Ungarn und Polen haben jeweils Klage vor dem Gerichtshof erhoben und beantragen, die Änderungsrichtlinie insgesamt oder teilweise für nichtig zu erklären. Deutschland, Frankreich, die Niederlande, zum Teil Schweden und die EU-Kommission sind dem Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung des Parlaments und des Rates beigetreten. Österreich hielt sich offensichtlich zurück.

In seinen am Donnerstag vorgelegten Schlussanträgen hält Generalanwalt Sánchez-Bordona fest, dass die Richtlinie auf einer geeigneten Rechtsgrundlage erlassen wurde. Es werde gewährleistet, dass Unternehmen länderübergreifende Dienstleistungen erbringen können und dass die Rechte der entsandten Arbeitnehmer geschützt werden. Unlauterer Wettbewerb werde unterbunden.

Keinesfalls werde durch die Richtlinie die Höhe der zu zahlenden Löhne festlegt, so der Generalanwalt. Denn dies falle in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. Auch weiterhin gebe es beim Lohn einheimischer Arbeitnehmer und entsendeter Arbeitnehmer Unterschiede, sodass Ungleichheiten beim tatsächlichen Lohn nicht beseitigt seien. Aus dem gleichen Grund seien auch Wettbewerbsvorteile von Unternehmen aus Ländern mit niedrigeren Arbeitskosten, die Arbeitnehmer in Mitgliedsstaaten mit höheren Arbeitskosten entsenden, nicht vollständig beseitigt.

Zudem vertritt Sánchez-Bordona die Meinung, dass der EU-Gesetzgeber bei der Richtlinie (konkret handelt es sich um eine Änderungsrichtlinie) die Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingehalten habe. (APA, 28.5.2020)