Blick auf die Fundstätte von Megiddo im Norden Israels. Sie hat eine besondere Bedeutung, denn die dortige Siedlungsgeschichte reicht vom Neolithikum bis in die biblische Zeit.
Foto: Megiddo Expedition

Wien – Schon bevor die Israeliten im 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung auf den Plan traten, war die südliche Levante von den Kanaanitern oder Kanaanäern bevölkert. In einem Gebiet, das das heutige Israel, den Libanon, Jordanien und Teile Syriens umfasst, lebten sie in einer Reihe von Stadtstaaten, die durch eine gemeinsame Kultur verbunden waren. Und diese Bande waren auch genetischer Natur, wie ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal "Cell" berichtet.

Das Team um Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien und David Reich von der Harvard Medical School versuchte die Wurzeln dieses Volks offenzulegen. Das gelang durch die Analyse des Erbguts von 73 Menschen aus fünf über die gesamte Region verstreuten Ausgrabungsstätten.

Die Ursprünge

Es ergab sich ein erstaunlich einheitliches genetisches Bild. "Kanaaniter" ist also keine Sammelbezeichnung für ganz verschiedene Gruppen, die in derselben Region lebten, es scheint sich tatsächlich um ein Volk im engeren Sinne gehandelt zu haben – oder um "eine demographisch kohärente Gruppe", wie es Liran Carmel von der Hebräischen Universität in Jerusalem ausdrückt.

Laut den Analysen entwickelte sich dieses Volk zu gleichen Teilen aus einer Art Urbevölkerung, die die Region seit der Jungsteinzeit besiedelt haben muss, und Zuzüglern aus dem Nordosten: nämlich aus der Kaukasusregion und dem im Iran liegenden Zagros-Gebirge. Die rege Zuwanderung aus der Kaukasus-Zagros-Region dürfte bereits vor mehr als 4.500 Jahren begonnen haben und hielt zur Überraschung der Forscher vermutlich bis in die späte Bronzezeit an.

Kompliziert wurde es erst später

Der langanhaltende Austausch mit den Menschen im Nordosten spiegle sich auch in manchen Namen kanaanitischer Herrscher wider, ergänzt Shai Carmi von der Hebräischen Universität. Diese Namen seien nämlich nicht semitischen, sondern hurritischen Ursprungs. Die Hurriter waren ein Volk, das in einem ungefähr dem späteren Kurdistan entsprechenden Gebiet lebte und gehörten einer mittlerweile ausgestorbenen Sprachfamilie an.

Das Vermächtnis der Kanaaniter sei auch heute noch in der DNA der Bevölkerung der Region nachweisbar, sagt Pinhasi. Es bildete eine insgesamt recht übersichtliche Grundlage, auf der sich erst nach der Bronzezeit durch zahlreiche Bevölkerungsbewegungen mit Zuwanderung aus dem Nordosten, Süden und Westen das Bild erheblich verkomplizierte. (red, 29. 5. 2020)