Im ehrgeizigen Wiederaufbauprogramm nach der Corona-Krise, das EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch verkündet hat, steckt mehr als nur der Ruf nach sehr, sehr viel Geld. Denn bei den Plänen für die zukünftige Finanzierung will die Kommission auch gleich ihrem großen Klimaschutzprojekt einen Schub zu geben, das sie kurz vor Ausbruch der Pandemie in einem Klimagesetz konkretisiert hatte.

Ein wichtiger Teil davon ist die Ausweitung des Emissionshandels, bei dem Unternehmen zur Kasse gebeten werden, wenn sie Kohlendioxid ausstoßen, auf die Luftfahrt und den Schiffverkehr – ein dringend notwendiger Schritt, um Kostenwahrheit im Transportwesen zu schaffen. Noch mehr Wirkung im Kampf gegen die Klimakrise könnte allerdings der Plan für eine CO2-Abgabe auf Einfuhren aus Ländern, die wenig zur Senkung der Treibhausgase beitragen, zeigen. Die fünf bis 14 Milliarden Euro, die laut Angaben der Kommission diese Steuer lukrieren soll, fallen angesichts der Gesamtkosten von 750 Milliarden Euro für den Wiederaufbaufonds kaum ins Gewicht. Die Hebelwirkung eines solchen Schrittes wäre dennoch enorm.

Wer mehr CO2 ausstößt, hat einen Wettbewerbsvorteil und wälzt die damit verbundenen Kosten auf den Rest der Welt ab.
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Experten drängen schon lange auf solche Klimazölle als Teil einer effektiven EU-Klimapolitik. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen aus Europa gegenüber ausländischer Konkurrenz, die schmutziger produzieren darf, ins Hintertreffen geraten oder ihre Produktion nach Übersee verlegen. Die betroffenen Handelspartner, allen voran China und die USA, sehen darin Protektionismus und erwägen Vergeltungsschritte, die die bestehenden Handelskonflikte weiter anheizen würden.

CO2-Steuern

Ihr Argument ist fragwürdig, denn wer mehr CO2 ausstößt, hat einen Wettbewerbsvorteil und wälzt die damit verbundenen Kosten auf den Rest der Welt ab. Allerdings dürfen solche Abgaben nach den Regeln der Welthandelsorganisation nicht gegen Importe diskriminieren. Das heißt, die Produktion in Europa müsste genauso belastet werden. Und dafür reichen der bestehende Emissionshandel und andere Regularien voraussichtlich nicht aus.

Ein EU-weiter Klimazoll erfordert daher auch die Einführung von CO2-Steuern in allen Mitgliedsstaaten, wobei die Union einen Mindestsatz vorgeben müsste, den einzelne Länder überschreiten könnten.

Eine solche europäische Initiative könnte auch in der österreichischen Regierung den Grünen helfen, den türkisen Widerstand gegen eine CO2-Steuer zu überwinden. Die Warnung der heimischen Wirtschaft vor wettbewerbsverzerrenden nationalen Alleingängen wäre dann vom Tisch.

Und sollte im November Joe Biden Donald Trump besiegen, dann wäre der drohende "Carbon Border Adjustment Mechanism" der EU ein Anstoß für die Demokraten, die eigene Klimawende rasch umzusetzen. Denn die Kosten für US-Unternehmen, die nach Europa exportieren, wären enorm.

Allerdings ist das Vorhaben auch mit Risiken behaftet. Der Widerstand gegen CO2-Abgaben ist in anderen EU-Staaten noch größer als in Österreich. Und selbst unter einem US-Präsidenten Joe Biden sind Gegenmaßnahmen zu erwarten, wenn eine Grenzsteuer als diskriminierend wahrgenommen wird. Das gilt noch mehr für die ebenfalls geplante Digitalsteuer, die tatsächlich auf US-Konzerne abzielt. Eine Klimapolitik, die den Protektionismus fördert, wäre auch für Europa ein schlechtes Geschäft. (Eric Frey, 28.5.2020)