Wir schreiben den 5. Mai 1945. In wenigen Tagen wird der Krieg vorbei sein. Hitler hat sich am 30. April in seinem Führerbunker in Berlin erschossen, sein Nachfolger als Reichspräsident und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, Karl Dönitz, ließ zunächst gemäß Hitlers letztem Willen trotz aussichtsloser Lage weiterkämpfen. Aber am 8. Mai endete schließlich durch bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht der Zweite Weltkrieg in Europa, und damit war endlich auch der Untergang des "tausendjährigen Reichs" gekommen. Drei Tage vor Ende des Krieges kam es jedoch zu einer der merkwürdigsten Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs.

Im Nazi-Schloss

Im Tiroler Brixental kämpften amerikanische GIs Seite an Seite mit französischen Kriegsgefangenen und Soldaten der deutschen Wehrmacht gegen den Ansturm von etwa 150 Männern der berüchtigten Waffen-SS.

Schloss Itter, das über der kleinen Gemeinde Itter thront, war seit 1943 von den Nationalsozialisten zu einem Außenlager des KZs Dachau umfunktioniert worden und beherbergte französische "Ehrenhäftlinge" – Prominenz, die mit Fortgang des Krieges vielleicht noch nützlich sein konnte. In den letzten Kriegstagen jedoch setzten sich die Wachmannschaft und auch der Kommandant des Lagers, Sebastian Wimmer, ab, um den heranrückenden alliierten Truppen zu entkommen. Schutzlos blieben die Gefangenen auf dem Schlossareal zurück, in großer Gefahr, denn trotz aussichtsloser Lage zogen immer noch versprengte Truppen der Waffen-SS durchs Land.

Schloss Itter im Brixental.
Foto: Vorarlberger Landesbibliothek CC BY 4.0

Ungewöhnliche Verbündete

Jetzt schlägt die Stunde gegensätzlicher Charaktere, die sich bislang als Feinde gegenüberstanden: amerikanische Soldaten, die mittlerweile bis Tirol vorgedrungen waren, und desertierte Angehörige der Wehrmacht, die den kämpfenden Truppen den Rücken gekehrt hatten. Und diese beiden Gruppen, die nun ausrücken, um den französischen Kriegsgefangenen auf Schloss Itter zu Hilfe zu eilen, werden in der Geschichte repräsentiert von Lieutenant John Lee aus Norwich, New York und Major Josef Gangl, einem ehemals überzeugten Nationalsozialisten, der aber in den letzten Kriegstagen bereits seit längerem den österreichischen Widerstand unterstützt hatte. Sie machen sich auf, die französische Prominenz zu retten – wie im Podcast zu hören ist:

(Kurt Tutschek, 5.6.2020)