Andreas Mölzers "Zur Zeit".

Foto: Screenshot/ZurZeit

Den Zeitungen geht es schlecht. Nicht erst seit Corona, aber seither besonders. Das freiheitliche Blatt "Zur Zeit" ist von diesem Schicksal nicht ausgenommen. Die Mannschaft der ZurZeit hat daher einen Hilferuf an die Konsumenten des Blattes gerichtet. Es geht um unser Volk, unsere Kultur und um unsere gemeinsamen Ziele! Eine Woche danach, in der dieswöchigen Nummer, galt es den Spendenaufruf ein wenig nachzuwürzen, was bei den Sympathisanten unserer gemeinsamen Ziele am besten im Angriffsmodus gelingt. Leser und Förderer wurden daher über Ungeheuerliches informiert. Die Linken, die Gutmenschen und die "Antifa" blasen zum Großangriff auf unsere ZurZeit! Aus diesen Gruppierungen ragen einige Abgeordnete hervor, die prompt vor das völkische Publikum zitiert werden.

Der Abgeordnete Helmut Brandstätter (Neos) brachte eine parlamentarische Anfrage an den Bundeskanzler ein, in der er fragt, warum ein "rassistisches Blatt" (fett gedruckt) Presseförderung erhalten darf. Genosse Thomas Drozda und Genossin Sabine Schatz (SPÖ) brachten dieser Tage einen Entschließungsantrag ein, der "antisemitischen" (fett gedruckt) ZurZeit die Presseförderung überhaupt zu streichen.

"Rechtsweg bestreiten!"

Weit entfernt davon, die Vorwürfe des Rassismus und Antisemitismus grundsätzlich zu bestreiten – es gilt da an die Leser zu denken –, heißt es im typischen Ausweichmanöver: Auch wertkonservative patriotische Medien müssen in unserer Republik akzeptiert und gefördert werden! Und dann eine Drohung, auf deren Einlösung man gespannt sein darf: Wir müssen nun gegen die Diffamierung durch SPÖ und NGOs den Rechtsweg bestreiten!

Selbstverständlich treffen die oben genannten Vorwürfe seit vielen Jahren zu, wie ja auch der Versuch, dem Blatt für diese Betätigung Förderung aus Steuermitteln zu verweigern, nicht zum ersten Mal erfolgt. Dass "Zur Zeit" bei einschlägiger Betätigung nicht ganz so primitiv vorgeht, wie das heute im Postermilieu oft der Fall ist, tut dem keinen Abbruch – man versteht sich, auch wenn dafür oft nur Andeutungen oder Auslassungen reichen. Einer der beiden Herausgeber, Walter Seledec, schreibt zum sozialdemokratischen Entschließungsantrag etwa nach Rohrspatzenart: Eine üble Verleumdungskampagne, um den politischen Gegner mundtot zu machen, eine bodenlose politische Frechheit. Einfach letztklassig, unseriös und darüber hinaus unsachlich und falsch. Ein negatives, antidemokratisches und inhaltliches falsches Machwerk "aus der roten Giftküche!" Die Genossen sollten sich schämen.

Verleumder von Deserteuren

Er hingegen denkt nicht im Traum daran, sich zu schämen, wenn er sich, wie in der vorletzten Nummer, wieder einmal als Verleumder von Deserteuren aus der Hitlerarmee betätigt. Wieder in der Republik – in demokratischen Verhältnissen– beanspruchten diese Deserteure eine Art Auszeichnung – für das Im-Stich-Lassen ihrer Kameraden. Und sie bekamen tatsächlich eine Gedenkstätte im Herzen unseres Staates. Spät genug, während sich viele Kriegsverbrecher ohne Reue ihres Lebens erfreuten. Als Argumentationshilfe für Gesinnungsfreunde konstruiert Seledec dann den Umkehrschluss: Alle Österreicher in der deutschen Wehrmacht, die nicht desertiert waren, wären aktive Unterstützer des Dritten Reiches und indirekt Kriegsverbrecher gewesen. Dieser Mühe der Tatsachenverfälschung haben sich schon andereunterzogen, aber mehr als ein von der Zeitgeschichte und der simplen Erfahrung widerlegter Fehlschluss ist daraus nie geworden. Was noch lange kein Grund ist, die alte Naziplatte mangels besserer Argumente nicht immer wieder aufzulegen.

Aber der Irrsinn geht für Seledec weiter: Seit die Grünen in der Regierung sind, betreiben sie massiv das Umschreiben der Militärgeschichte unseres Landes. Das müssten die Grünen nicht machen, hätten die Blauen damit begonnen, als sie in der Regierung waren. Allerdings – wer weiß, wie diese Umschreibung ausgesehen hätte? Jüngstes Zielobjekt ist das Heeresgeschichtliche Museum in Wien, das "entstaubt" und vom "Faschismus" (?) gesäubert werden soll – was immer mandarunter verstehen kann und soll. Auch wenn es in unseren Schulen nicht gut erklärt wird, wie verbreitetes Unwissen unter Jugendlichen beweist, Seledec dürfte wissen, was man unter Faschismus versteht, auch wenn er den Begriff mit Anführungs- und Fragezeichenzu entnazifizieren versucht.

So weit nur ein Beispiel für viele aus "Zur Zeit". (Günter Traxler, 30.5.2020)