Arbeiten am Küchentisch ist für viele in den letzten Wochen Alltag geworden.

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Ein eigenes Arbeitszimmer oder zumindest ein kleiner Schreibtisch? Davon können manche im Homeoffice nur träumen. In vielen Wohnungen fehlt dafür der Platz. Denn Wohnen in Ballungsräumen ist teuer geworden. Als Reaktion schrumpfte die Immobilienbranche die Neubauwohnungen. Drei Zimmer gehen sich heute auf knackigen 50 Quadratmetern aus. An eine Pandemie, wegen der wir zu Hause nicht mehr nur wohnen, sondern auch arbeiten würden, dachten die Planer naturgemäß nicht.

"Ein richtiges Arbeitszimmer geht sich in gängigen Grundrissen nicht aus", bestätigt die Architektin und STANDARD-Architekturbloggerin Sabine Pollak. Das sei für Menschen, die am Laptop arbeiten, aber auch nicht nötig. So sitzen viele nun beim Arbeiten also am Küchentisch, machen Video-Calls auf der Couch und telefonieren im Bett, während sich rundherum der familiäre Alltag abspielt. Aber nicht nur an Wohnfläche mangelt es. Auch die Raumhöhe lässt im Neubau oft zu wünschen übrig: "2,50 Meter erdrückt auf die Dauer", glaubt Pollak.

Es bleibt also zu wünschen, dass sich Corona auf die Planung von Wohnungen auswirkt. "Investoren und Investorinnen sollten darüber nachdenken, wie sie mehr Wohnraum für weniger Geld schaffen", sagt Pollak. Sie plädiert auch für planerischen Erfindungsreichtum – etwa indem kleine Nischen mit ausklappbaren Möbeln genutzt werden, so wie sie schon in den 1950er-Jahren modern waren. Früher schaffte man sich so mit wenigen Handgriffen Platz für eine Nähecke. Heute ist es das Homeoffice.

Verwaiste Büros

Während es zu Hause eng wird, sind viele Büros immer noch verwaist. Die Rückkehr ins Großraumbüro wird schwierig. Elisa Stadlinger, Büroimmobilienexpertin beim Maklerunternehmen Örag, weiß von Unternehmen, die in Großraumbüros nun Trennwände aufstellen. Den Trend zu kleinteiligeren Strukturen habe es schon vor Corona gegeben. Die Pandemie werde diese Entwicklung aber beschleunigen.

So wie sie auch ein Boost für andere Entwicklungen sein könnte: etwa dass in Unternehmen nicht mehr nur starr an einem Schreibtisch gearbeitet, sondern – je nach momentaner Tätigkeit – gewechselt und das Büro "eine zweite Heimat" wird. Die meisten Menschen freuten sich auf ihre Rückkehr ins Büro, ist Stadlinger überzeugt. Dass Unternehmen ihre Flächen reduzieren und ihre Mitarbeiter künftig ganz von zu Hause aus arbeiten lassen, glaubt Stadlinger nicht. Langfristig brauche man den Austausch mit den Kollegen – und zwar nicht nur via Zoom-Call. Außerdem sei der Komfort im Büro größer.

Ob es uns gefällt oder nicht: Das Homeoffice wird vielen Unternehmen nach Corona dennoch erhalten bleiben. Zumindest als Option, wenn der Installateur kommt oder das Kind krank ist. (zof, 1.6.2020)