Alles ist bereit, allein die Gäste fehlen. Vor allem die Stadthotellerie leidet.

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David Meixner hält mit seinen Haustechnikern im Hotel Ibis Styles seit Wochen zwischen dem Wiener Gürtel und Wien-Döbling die Stellung. Das Haus ist geschlossen, die Glocke ausgeschaltet. Der Journalistin, die durch die Glastür späht, gewährt er über die Garage Einlass. Blitzblank geputzt harren hier Frühstückstische auf Gäste. Eigentlich dürfen seit ein paar Stunden die Pensionen und Hotels wieder Gäste empfangen. Allein es kommt keiner.

Ursprünglich wollte der Hotelmanager Ende Mai aufsperren. Die Buchungslage blieb aber so dünn, dass er den Neustart wie viele Kollegen auf 17. Juni verschob. Die wenigen österreichischen Stammgäste, die sich ansagten, lasten den Betrieb nicht aus, bedauert Meixner, wirft die Kaffeemaschine an und streicht bunte Stoffmasken glatt, die er hat fertigen lassen. "Wir haben hohe Fixkosten, jetzt zu öffnen rechnet sich nicht."

"Jahr des Überlebens"

Das Ibis sticht nicht heraus. Mehr als die Hälfte der Wiener Beherbergungsbetriebe bleiben am offiziellen "Tag der Öffnung" vorerst geschlossen. "2020 wird kein Jahr des Wirtschaftens, sondern des Überlebens", resümiert Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner. Die Hoffnung liegt auf der geplanten Grenzöffnung am 15. Juni für Deutsche und Schweizer. Andernorts wagt man sich daher an die Wiedereröffnung.

"In normalen Zeiten hätten wir über diese Buchungslage geweint, jetzt freuen wir uns." Mit diesen Worten fasst Lisa Wiesenthal, Managerin im Hotel Altstadt Vienna Gemüts- und Wirtschaftslage des Betriebs in Wien-Neubau zusammen. Hier wird noch letzte Hand angelegt, die ersten Gäste sollen demnächst einchecken. Wie viele werden es am ersten Tag sein? 16 Anreisen aus Österreich sind es, "wir freuen uns sehr, auch wenn jemand nur eine Nacht bleibt", wiederholt die Hotelmanagerin. 60 Zimmer hat das Boutiquehotel, um diese Jahreszeit liegt die Auslastung üblicherweise bei rund 90 Prozent.

Trüber Ausblick

Ähnlich sieht das Behrouz Sayahpour, der ein paar Gehminuten entfernt beim Volkstheater die Hotel-Pension Museum betreibt. Ein Dreisternehaus mit 20 Zimmern, die zum Teil einen beeindruckenden Blick auf die Stadt gewähren; Der Blick aufs Hotelgeschäft ist getrübt. Im Frühstückszimmer sitzt ein Gast, eine Deutsche, "normalerweise wären hier jetzt alle Tische besetzt", sagt der Hotelier. Nach null Euro Umsatz in den vergangenen Monaten hat er vom ersten Öffnungstag bis Pfingstmontag vier Zimmer vermietet, für die Monate danach rechnet er erneut mit: Flaute.

Wie er selbst über die Runden kam? Mit einem zu 80 Prozent staatlich garantierten Kredit und einmal 1000 und einmal 500 Euro aus dem Härtefallfonds.

Angebote helfen nicht

Gleich ums Eck, im Fünfsternehotel Sans Souci Wien mit seinen 63 Zimmern und zwei Apartments und Spa, geizt man mit Zahlen, gesteht das Unübersehbare aber ein. Die Buchungslage sei trotz spezieller Angebote und vieler Feiertage nicht gut. Eine Managerin des Luxusetablissements bringt es auf den Punkt: "Jede Buchung ist ein Geschenk."

Übers Jahr gerechnet gehen die Wiener Hoteliers von einem Umsatzverlust von 50 Prozent aus – je nachdem, wie es mit den Lockerungen weitergeht. Stadthotels leben vor allem vom kulturellen Angebot, von Kongressen und anderen Veranstaltungen. Altstadt-Managerin Wiesenthal wagt daher keine Prognosen. Alles geschehe nun kurzfristig. Auf das neue Buchungsverhalten werde man sich eben einstellen müssen.

Stadt-Land-Gefälle

In Salzburg gibt es bei den Buchungszahlen ein großes Stadt-Land-Gefälle. In der Stadt sperren einige Hotel erst gar nicht auf. Die Ferienhotellerie auf dem Land geht hingegen zuversichtlich in die Neueröffnung. Herta Idinger vom Seehotel Schlick am Fuschlsee hat am Freitag bereits die ersten 26 Gäste begrüßt. "Die Leute sind total entspannt, niemand war hysterisch."

Mit den Regeln und Hygienebestimmungen gebe es keine Probleme. Der Gastgarten am See biete genug Platz. Das Pfingstwochenende sei sogar sehr gut gebucht. "Aber danach rasseln wir runter."

Treue Stammkunden

Gute Aussichten haben Betriebe im Pongauer Bergdorf Filzmoos. Die Wandersaison im Spätsommer und Herbst sei ausgezeichnet gebucht, vor allem von Urlaubern aus Deutschland und Österreich, sagt Tourismusdirektor Peter Donabauer. Man profitiere von einem treuen Stammpublikum. Er rechnet mit einem Sommerminus von nur zehn Prozent.

In Wien will das Hotel Ibis Styles die erzwungene Pause nicht zu lange ausdehnen. Das Risiko, Stammkunden zu verlieren, sei zu groß, sagt Meixner. Zur Ruhe gekommen ist er in den vergangenen Wochen nicht. Die Vollbremsung des Betriebs ging mit einer fünfseitigen Checkliste einher, die abzuhaken war, von der Kommunikation mit gebuchten Kunden bis hin zu Infos für die Feuerwehr. Das regelmäßige Aufdrehen der Hähne, um Wasserkreisläufe in Schwung zu halten, zählte dabei zu den kleinsten unerlässlichen Aufgaben.

Von der Krise unbeeindruckt blieben allein die Bienen am Dach des Hotels. Sie sammeln von der luftigen Höhe aus Biohonig für künftige Gäste. (Renate Graber, Verena Kainrath, Stefanie Ruep, Leopold Stefan, 30.5.2020)