Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will das Amtsgeheimnis abschaffen.

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Wien – Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will bis zum Sommer einen Entwurf für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vorlegen. An seine Stelle soll – wie im Regierungsprogramm angekündigt – ein einklagbares Recht auf Informationsfreiheit treten. Diese Woche will die Ministerin zu einem Runden Tisch über das geplante "Transparenzpaket" ins Kanzleramt laden.

Derzeit ist die Verpflichtung der Behörden zur "Amtsverschwiegenheit" gleichberechtigt mit dem Auskunftsrecht der Bürgerinnen und Bürger in der Verfassung verankert (Artikel 20). In der Praxis ziehen sich Behörden daher häufig auf die "Amtsverschwiegenheit" zurück und verweigern die Herausgabe von Informationen.

Runder Tisch und Gespräche mit der Opposition

In ihrem Regierungsprogramm haben sich ÖVP und Grüne dazu verpflichtet, das Amtsgeheimnis abzuschaffen und das Recht auf Informationsfreiheit zu stärken. Den Auftakt dazu will Edtstadler diese Woche mit einem "Runden Tisch Transparenzpaket" im Kanzleramt setzen – mit Vertretern von Verwaltung, Unternehmen, Ländern und Gemeinden sowie mit Expertinnen und Experten, wie die Verfassungsministerin in einer Aussendung am Montag sagte.

Einen Gesetzesentwurf will Edtstadler vor dem Sommer vorlegen. Zuvor soll es noch Gespräche mit den Oppositionsparteien geben, auf deren Zustimmung die Regierung wegen der nötigen Zweidrittelmehrheit angewiesen ist. Transparenz solle der Regelfall und "die manchmal jedenfalls notwendige Geheimhaltung" die Ausnahme sein, betonte die Ministerin: "Eine transparente Verwaltung und nachvollziehbare Entscheidungen sind maßgeblich für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in einen funktionierenden Staat."

Auch Rechnungshof soll mehr Prüfrechte bekommen

Laut Regierungsprogramm soll das Recht auf Informationsfreiheit sowohl gegenüber der Verwaltung gelten als auch gegenüber den Organen der Gesetzgebung, der Volksanwaltschaft und gegenüber staatlichen Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen. Ausgenommen bleiben sollen aber börsennotierte Unternehmen. Weiters sollen Informationen von allgemeinem Interesse aktiv veröffentlicht und ein "Transparenzregister" geschaffen werden.

Ausweiten will Edtstadler bei dieser Gelegenheit auch die Prüfrechte des Rechnungshofes: er darf Unternehmen derzeit nur kontrollieren, wenn der Staat 50 Prozent der Anteile hält oder sie "tatsächlich beherrscht". Künftig sollen Prüfung schon ab einer öffentlichen Beteiligung von 25 Prozent möglich sein.

Maurer erfreut

Erfreut zeigte sich Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer: "Österreich ist das letzte europäische Land, das eine Amtsverschwiegenheit im Verfassungsrang vorsieht. Das zu ändern ist eine längst überfällige Weiterentwicklung unserer Demokratie", erklärte sie. Die Grünen hätten sich bereits seit vielen Jahren für umfassende Transparenz und Informationsfreiheit eingesetzt.

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried fragt sich dagegen, warum das angekündigte "Transparenzpaket" nicht längst umgesetzt wurde. "Unser Antrag für ein umfassendes Informationsfreiheitsgesetz liegt seit Jahren auf dem Tisch." Das Paket dürfe nicht wieder auf die lange Bank geschoben werden, denn "gerade die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig es ist, staatliches Handeln transparent zu machen", sagt Leichtfried und bietet der Regierung an, das Paket sofort zu beschließen. (APA, 1.6.2020)