Ex-Vizekanzler Strache machte offenbar die Aufnahme der befreundeten Privatklinik zu einem wichtigen Faktor in den Verhandlungen rund um die türkis-blaue Gesundheitsreform. (Foto: Archivaufnahme von Jänner 2019)

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Für wen hat die türkis-blaue Regierung eigentlich Politik gemacht? Je mehr sich Ermittler, der parlamentarische U-Ausschuss und Journalisten damit beschäftigen, was im Hintergrund der "Reformpartnerschaft" passiert ist, desto klarer wird, welche "Reform" aus Sicht der FPÖ gemeint war: Das altösterreichische Proporzsystem sollte aufgeweicht werden, damit die Freiheitlichen und ihre Verbündeten ein Stück mehr vom Kuchen bekommen.

Neben der Casinos-Affäre gibt es nun ein weiteres Ermittlungsverfahren, das dafür sehr starke Indizien liefert: die Causa Privatklinik. Chat-Nachrichten zeigen, wie stark sich der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache für seinen langjährigen Freund Werner Grubmüller, der an die FPÖ gespendet hatte, eingesetzt hat. Dieser wollte mit seiner kleinen Privatklinik – die er gründete, um sie seiner Tochter zu schenken – öffentliche Gelder erhalten. Ältere, mächtigere Privatkliniken wollten den neuen Rivalen jedoch nicht in den dazugehörigen Fonds, den Prikraf, lassen. Ein gewichtiges Wort mitzureden hatte die Uniqa-Tochter Premiqamed, die eher der ÖVP zugeneigt ist – zumindest spendete sie wiederholt an die Partei.

Straches wichtiger Faktor

Also machte Strache offenbar die Aufnahme der befreundeten Privatklinik zu einem wichtigen Faktor in den Verhandlungen rund um die türkis-blaue Gesundheitsreform. Während die meisten Arbeitnehmer durch die Gesetzesänderung tendenziell Nachteile erwarten – etwa weil von ihren Arbeitgebern weniger AUVA-Beiträge gezahlt wurden –, konnte Grubmüllers Privatklinik, in der derzeit ein Schönheitschirurg residiert, frohlocken. Der Prikraf-Fonds belastet das Budget der Österreichischen Gesundheitskassa zwischen 2019 und 2024 mit 65 Millionen Euro, wie Arbeitnehmervertretungen errechnet haben.

Die Geister, die Kurz rief

Auch wenn die Vorgänge womöglich keine strafrechtlichen Konsequenzen haben, politisch und moralisch ist die Symbolik verheerend. Es mag aus Sicht der ÖVP gute Gründe gegeben haben, die große Koalition aufzukündigen und es mit der FPÖ zu probieren. Ein Reformbedarf lässt sich in vielen Politikfeldern nicht abstreiten, ebenso wenig wie der Rückhalt für Türkis-Blau in der Bevölkerung. Aber es kann sein, dass die Geister, die Kurz rief, sich nun auch an der ÖVP rächen. Denn es wird immer schwieriger abzustreiten, dass türkise Ministerien nicht doch etwas von den Machenschaften des Koalitionspartners mitbekommen haben. Ein hoher Preis für eine nach 1,5 Jahren gescheiterte Koalition. (Fabian Schmid, 1.6.2020)