Schatz statt Müll: Bei 30 Cent Pfand auf Plastikflaschen würden gut 95 Prozent davon retourniert, schätzen Experten.

Foto: APA / Georg Hochmut

Wer kennt das Pfand in meiner Hand? Was soll damit geschehen? Die Formel aus dem alten Kinderspiel nimmt man sich am Dienstag im Umweltministerium zu Herzen. Bei einem runden Tisch beraten Experten und Interessenvertreter, ob in Österreich ein Pfandsystem für Plastikflaschen eingeführt werden soll und welche Alternativen es gibt.

Geladen sind Vertreter von NGOs, des Handels, Recyclingfirmen sowie Experten für Kreislaufwirtschaft. Ziel ist, die von der EU vorgegebenen Recyclingquoten zu erreichen. Demnach müssen bis 2029 mindestens 90 Prozent aller Getränkekunststoffflaschen getrennt gesammelt werden. Außerdem müssen bis 2025 zumindest die Hälfte aller Kunststoffverpackungen und 55 Prozent des Haushaltmülls recycelt werden.

NGOs sowie die Arbeiterkammer sprechen sich für ein Pfandsystem aus, während Handel, Wirtschaftskammer und die für die aktuelle Mülltrennung zuständige Altstoff Recycling Austria (ARA) das jetzige System ausbauen wollen.

Als Entscheidungshilfe dient eine vom Umweltministerium in Auftrag gegebene Studie des Technischen Büros Hauer, der Universität für Bodenkultur und der Montanuniversität Leoben. Ihr Fazit: Ein Flaschenpfand würde am besten die EU-Quoten erfüllen. Trotzdem sieht die Wirtschaft ein Pfand kritisch.

Für

In Österreich muss etwas geschehen, damit die EU-Quoten erreicht werden. Derzeit kommen hierzulande 1,6 Milliarden Plastikflaschen pro Jahr in Umlauf. Davon sammeln und trennen die Österreicher 70 Prozent dank Gelben Sacks und Tonne. In Ländern mit wohletablierten Pfandsystemen wie Norwegen oder Deutschland sind es über 95 Prozent – dort werden die EU-Anforderungen längst übererfüllt. Auch für Österreich erwarten die Autoren der Plastikflaschenstudie für das Umweltministerium eine Rücklaufquote von mindestens 95 Prozent, während mit alternativen Ansätzen die Quoten gerade noch erreicht würden.

Auch bei den anfallenden Kosten soll ein Pfandsystem besser abschneiden. Laut besagter Studie würde die Einführung eines Einwegpfands auf Dosen und Plastikflaschen in Österreich pro Jahr rund 130 Millionen Euro kosten. Die Alternative einer intensiveren Mülltrennung käme auf 145 Millionen Euro.

Dass die Wirtschaft draufzahlen würde, lassen Umweltschützer nicht gelten. Falls kleine Geschäfte mit der Anschaffung eines Rücknahmeautomaten finanziell überfordert wären, könnte man siegesetzlich ausnehmen. Die Rückgabe von Pfandgut könne auch manuell stattfinden, dann erhielte das Geschäft eine Manipulationsgebühr pro Flasche, sagt Lena Steger, Ressourcen-Expertin von Global 2000.

Das Pfandsystem ist nicht nur ein finanzieller Kreislauf, sondern generiert auch Einnahmen. Der sogenannte Pfandschlupf ergibt sich aus nichtretournierten Flaschen. Laut Schätzungen würden etwa fünf Prozent der Pfandflaschen den Kreislauf verlassen. Dadurch würden immerhin 24 Millionen Euro übrig bleiben, um das System zu stützen. Ohnehin haben die Österreicher längst gesprochen: Laut einer von Global 2000 in Auftrag gegebenen Umfrage befürworten 83 Prozent der Bevölkerung ein Pfandsystem für Einwegflaschen.

Wider

Nur weil andere Staaten auf Plastikpfand setzen, muss Österreich nicht folgen. Immerhin sammelt und trennt die heimische Bevölkerung ganz ohne finanziellen Zwang bereits sehr fleißig ihren Müll. In Tirol, Vorarlberg und im Burgenland finden bereits 90 Prozent der Einwegflaschen aus Plastik ihren Weg in den gelben Container. Man muss nur das jetzige System mancherorts nachbessern.

Bei der Kreislaufwirtschaft müsse man auf das Gesamtbild achten, sagt ARA-Chef Werner Knausz. Um die EU-Quoten für alle Kunststoffverpackungen zu erfüllen, muss Österreich noch 90.000 Tonnen zusätzlich recyceln. Plastikflaschen machen nur neun Prozent davon aus. Ein Parallelsystem für sie einzuführen, sei zu hinterfragen, sagt Knausz.

Stattdessen ließe sich die Bevölkerung durch Aufklärungskampagnen und ein engeres Netz an Sammelstellen dazu motivieren, dass landesweit 82 Prozent der Plastikflaschen getrennt würden, heißt es seitens der ARA. Die restlichen acht Prozent, die auf das EU-Ziel fehlen, ließen sich in Sortieranlagen trennen. Diese Anlagen müssten ohnehin verbessert werden, um die Vorgabe bei allen Kunststoffverpackungen zu erreichen. Man schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe.

Die Wirtschaft kritisiert die Kosten eines Pfandsystems. Gerade in harten Zeiten ist eine zusätzliche Belastung für Trafiken, Kioske, Tankstellen und Co falsch, lautet das Argument der WKO. Geschäfte mit weniger als 250 Quadratmetern müssten jährlich 10.500 Euro für ein Pfandsystem ausgeben, wenn sie 58.000 Flaschen verkauften, schätzt die Kammer.

Außerdem ist der Pfandschlupf für Konsumenten ein Millionenverlust. Verbraucher würden auch bestraft, wenn sie statt zwei Millionen Rückgabemöglichkeiten für Plastikflaschen künftig nur mehr rund 10.000 hätten. Besser man recycelt das bestehende System.

(Leopold Stefan, 2.6.2020)