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Wien – Seit kurzem kennt man das Gesicht der ominösen russischen Oligarchennichte, die wesentlich am politischen Super-GAU von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus beteiligt war. Nun tut sich ein neuer Brandherd für den ehemaligen FPÖ-Chef und aktuellen Obmann des Teams HC Strache auf. In einem antisemitischen Buch soll Strache im Jahr 1992 Juden offenbar als "Gegner" und "machtlüstern" bezeichnet haben – in einer handschriftlichen Widmung. Das berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Montagabend.

Der ehemalige Vizekanzler habe der "SZ" über seinen Anwalt mitgeteilt, sich weder an das Buch noch an eine solche Widmung erinnern zu können, heißt es in dem Artikel. Einem Gutachter zufolge soll die Widmung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" von Strache stammen. Dieser hatte bisher behauptet, sich niemals antisemitisch geäußert zu haben.

"Jüdische Bekenntnisse aus allen Zeiten und Ländern"

"Dieses Buch soll Dir einen Einblick in die jüdisch verworrene und machtlüsterne Gedankenwelt vermitteln" – so lautet der "SZ" zufolge ein Teil der Widmung, die mit "Heinz-Christian Strache" unterzeichnet ist.

Strache habe die Hetzschrift der "SZ" zufolge für einen Weggefährten aus der rechtsextremen Szene signiert. Ein Informant habe dies eidesstattlich versichert, dieser wolle jedoch anonym bleiben. Das Buch soll der "SZ" nach dem Tod des angeblich Beschenkten zugespielt worden sein.

"ZiB 2 Spezial": weiterer Korruptionsverdacht gegen Strache,
ORF

Es handelt sich um die "Jüdischen Bekenntnisse aus allen Zeiten und Ländern" des antisemitischen Autors Hans Jonak von Freyenwald. Das 273-seitige Werk erschien im Original im Jahr 1941 im nationalsozialistischen Stürmer-Verlag. "Das ist ein Werk für fanatische Antisemiten", zitiert die "SZ" Wolfgang Benz, den früheren Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin. Das unterzeichnete Exemplar dürfte ein Nachdruck aus dem Jahr 1992 sein. Zu der Zeit arbeitete Strache in der Wiener FPÖ als Bezirksrat.

Kontakte zum Neonazismus

Strache war bereits im Alter von 15 Jahren der rechtsextremen Burschenschaft Vandalia beigetreten, wo er auf die Größen des organisierten Neonazismus in Österreich traf. Er verliebte sich in die Tochter des Südtirol-Terroristen Norbert Burger, mit der er sieben Jahre lang liiert war.

Der jugendliche Strache wurde mehrfach polizeilich kontrolliert, etwa 1989 gemeinsam mit Mitgliedern der neonazistischen und später verbotenen Wiking-Jugend an der innerdeutschen Grenze; ein Jahr darauf dann in Österreich nach einer Wahlkampfveranstaltung der Gruppe "Nein zur Ausländerflut", deren Spitzenkandidat Horst Rosenkranz war. Dessen Ehefrau Barbara wurde unter Straches Obmannschaft freiheitliche Kandidatin für die Bundespräsidentschaft.

Der spätere Vizekanzler nahm an paramilitärischen Übungen teil; einmal auch an einem Lager der Neonazi-Organisation Vapo. Andere Vapo-Kader machten später ebenfalls in der FPÖ Karriere. Enthüllungen aus seinen Jahren als junger Erwachsener begleiteten den späteren Berufspolitiker ständig. Allerdings gab es auch in den Jahren, als Strache Obmann der FPÖ war, regelmäßig Antisemitismusvorwürfe; beispielsweise wegen einer Karikatur, die er auf Facebook veröffentlicht hatte.

Strache wies das stets von sich und besuchte 2010 demonstrativ die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Außerdem vertrat er zuletzt eine dezidiert proisraelische Politik, wie in der internationalen Rechten mittlerweile üblich. Zu Fall brachten Strache auch keine rechtsextremen Vorfälle, sondern Korruptionsfantasien auf Ibiza, die 2017 filmisch festgehalten wurden.

Streit um Ibiza-Video

Dazu startet am Donnerstag ein parlamentarischer U-Ausschuss. Vergangene Woche wurde bekannt, dass heimische Behörden nach einjähriger Suche nun eine Kopie des Ibiza-Videos sichergestellt haben. Über dessen Aufenthaltsort wird nun gestritten: Am Dienstag will Justizministerin Alma Zadić (Grüne) den Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) treffen, um zu diskutieren, wie das Video an den U-Ausschuss übermittelt werden kann.

Zuletzt entspann sich hierzu ein intensiver Streit zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, der Staatsanwaltschaft Wien und der Soko, in den sich auch die Politik einschaltete. (red, fsc, 1.6.2020)