Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hält Kritik am chinesischen Sicherheitsgesetz für unbegründet.

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Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hat den USA in einer Rede Doppelmoral in Bezug auf den Umgang mit Protesten vorgeworfen. "In den USA sehen wir wie die Behörden mit den Protesten umgehen im Vergleich zu der Haltung die sie noch vor einem Jahr zu den gleichen Protesten in Hongkong eingenommen haben", sagte sie am Dienstag in der ersten Rede seit Washington wegen dem vom chinesischen Volkskongress beschlossenen Sicherheitsgesetz mit Strafaktionen gedroht hat.

Sie verstehe, dass sich die Öffentlichkeit wegen dem Sicherheitsgesetz Sorgen mache, die Vorwürfe seien jedoch unbegründet, sagte Lam weiter. Andere Länder warnte sie, dass Sanktionen gegen Hongkong ihren eigenen Interessen schaden könnten.

EU-Außenbeauftragter fordert Selbstbewusstsein gegenüber China

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat indessen China wegen des neuen Sicherheitsgesetzes für Hongkong kritisiert. Er sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe), die Entscheidung des Nationalen Volkskongresses "stellt ein weiteres Mal Chinas Willen infrage, seine internationalen Verpflichtungen einzuhalten". Dennoch plädierte Borrell dafür, den Dialog mit China fortzusetzen.

Peking habe "ein anderes Verständnis von Multilateralismus", sagte er, "aber trotzdem könnten wir in vielen Bereichen zu einer Einigung gelangen, etwa beim Klimaschutz. Es gebe fraglos viele Meinungsverschiedenheiten, aber Peking "ist ein unverzichtbarer Partner". In der Coronakrise sei Pekings Diplomatie "aktiver und selbstbewusster" geworden. "Das Virus hat gezeigt, dass die Konfrontation zwischen China und den USA das 21. Jahrhundert prägen wird. Die Drohungen aus Washington, die scharfen Antworten aus Peking, das ist jetzt die neue Normalität," sagte der EU-Außenbeauftragte.

In der Situation müsse auch Europa Selbstbewusstsein zeigen. "Wir müssen besser verstehen, was unsere Werte sind, welche Interessen wir haben und welche Fähigkeiten", forderte Borrell. "Unsere Werkzeuge haben alle zu tun mit der Rolle als wichtigster Handelspartner. China braucht Europa als Markt für seine Produkte, als Investor und Lieferant von High-Tech und auch für internationale Anerkennung. Das sind unsere Druckmittel, die müssen wir besser nutzen", sagte er. Sanktionen lehnt Borrell jedoch ab.(red, APA, Reuters, 2.6.2020)