Die Proteste in den USA werden begleitet von einer Welle an Falschinformationen.

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Geschichte wiederholt sich. Schon 2014 brodelte es in den USA: Nachdem die Fälle Trayvon Martin, Michael Brown und Eric Garner die Diskussion über Polizeigewalt gegenüber Afroamerikanern wieder entflammt hatten, zogen viele Menschen in Ferguson und anderen Städten auf die Straßen. Teils kam es dabei zu gewalttätigen Ausschreitungen. Der damalige Präsident Barack Obama bemühte sich um versöhnende Worte und Deeskalation.

Der gewaltsame Tod von George Floyd und andere Vorfälle der jüngeren Vergangenheit sorgen nun für ein Déjà-vu. Doch anders als sein Vorgänger zeigt Donald Trump kein Verständnis für die Empörung der Menschen, sondern harte Hand. Er droht mit der Entsendung der Nationalgarde und der Armee, sollten die Gouverneure der Bundesstaaten nicht auf massive Polizeipräsenz setzen. Experten bezweifeln, dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt. Doch Trump ist nicht der Einzige, der Öl ins Feuer gießt. Online schwappt eine Welle der Desinformation über soziale Medien, berichten die "New York Times" und NBC.

Rechtsextreme posierten als "Antifa"

Ein besonders perfide False-Flag-Operation hat Twitter nach eigenen Angaben aufgeklärt. Ein Konto unter dem Namen "Antifa US" hatte in einer Reihe von Nachrichten die Stimmung weiter angeheizt und unter anderem Protestierende dazu aufgerufen, in Wohngegenden zu marschieren und sich "zu nehmen, was uns gehört".

"Die Antifa" war von Trump immer wieder als Feindbild tituliert worden und dient auch rechten Parteien in anderen Ländern als beliebte Zielscheibe. Jedoch steckten hinter diesem mittlerweile stillgelegten Konto keine linken Aktivisten, sondern offenbar das rechtsextreme American Identity Movement, vormals bekannt als "Identity Evropa". Aufgetaucht war auch ein "Antifa-Handbuch", bei dem es sich allerdings um eine seit 2015 bekannte Fälschung handelt. Twitter sperrte weiters hunderte Spam-Accounts, die Falschinformationen zu den Protesten verbreitet hatten.

Erfindung

Von einem reichweitenstarken Youtube-Verschwörungskanal aus wurde zudem eine andere These in die Welt gesetzt: George Floyd sei gar nicht tot und der gesamte Vorfall inszeniert, hieß es in einem 22-minütigen Videoclip. Die Plattform hat das Video mittlerweile entfernt, da sie darin einen Verstoß gegen ihre Regularien sieht.

Das Narrativ fand sich dennoch bald in tausenden Twitter- und Facebook-Postings wieder. Es ist nicht das erste Mal, dass Agitatoren vom rechten Rand ein Ereignis als Erfindung brandmarken. Ähnliches war etwa schon nach dem Amoklauf an der Sandy Hook High School geschehen.

Mit von der Partie ist auch Alex Jones. Er publiziert auf seiner berühmt-berüchtigten Plattform "Infowars" eifrig zur Causa Floyd und unterstellt dem Verstorbenen, Drogen dabei gehabt zu haben.

George Soros

Auch bereits bestehende Verschwörungstheorien finden ihren Eingang in die Onlinedebatte. Mehr als 100.000 Postings, in denen der jüdische US-Philanthrop George Soros zum Urheber der Proteste erklärt wurde, konnten bisher identifiziert werden. Auch manche Politiker, wie etwa der deklarierte Trump-Fan Sid Miller, Landwirtschaftskommissar im Bundesstaat Texas, teilten entsprechende Nachrichten.

"Ich habe keinen Zweifel daran, dass George Soros diese sogenannten 'spontanen Proteste' finanziert", schrieb er. Soros sei das "pure Böse" und wolle die USA zerstören. Eine Sprecherin des Milliardärs hat derlei Behauptungen mittlerweile zurückgewiesen. Soros ist schon länger ein großes Feindbild für rechtsextreme Gruppierungen und Politiker. Unter anderem wurde ihm auch unterstellt, 2015 Flüchtlingsströme nach Europa gelenkt zu haben. Der türkische Präsident Erdogan wiederum titulierte ihn 2018 als Hintermann der Gezi-Proteste. Oft schwingen dabei antisemitische Motive durch, sprach etwa Erdogan wörtlich vom "berühmten ungarischen Juden". Immer wieder wird er auch vom ungarischen Premier Viktor Orban als Bedrohung ins Feld geführt.

Ein "Blackout", den es nicht gab

Auch aufseiten der Protestierenden machten allerdings Falschinformationen die Runde. Besonders große virale Verbreitung fand die Behauptung, dass es in Washington, DC zu einer umfassenden Abschaltung der Telekominfrastruktur und zu Netzblockaden gekommen sei, um die Proteste zu unterdrücken.

Allerdings konnten weder Journalisten vor Ort noch die Non-Profit-Organisation Netblocks Hinweise auf derlei Maßnahmen finden. (gpi, 2.6.2020)