Es ist sechs Uhr abends an diesem actiongeladenen Tag in Palfau. Schon früh am Morgen ist ein Maikäfer unsanft auf einer Linde aufgeschlagen. Er hat den Landeanflug vermurkst, wie aus dem adlerhorstähnlichen Chalet hoch überm Fluss zu beobachten war. Am Nachmittag dann, gut vier Stunden später, reklamierten sich tief unter dem Häuschen ein gelber und ein roter Punkt aufdringlich ins Stillleben: zwei hektisch um sich schlagende Kanuten auf ihrem Weg durch das wilde Wasser der glasklaren Salza. Und nun, es sind weitere vier Stunden vergangen, klopft es auch noch laut an Tür.

Four Elements nennt sich das neue Chalet-Konzept im steirischen Gesäuse, wo Social Distancing Programm ist.
Foto: FourElements - Living by Berger

Draußen steht Ulrich Matlschweiger vom Restaurant Hoamat mit einem Papiersackerl in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht. Er bringt das Abendessen, aber keine weitere Unruhe in die Szenerie, wünscht nur rasch guten Appetit, ehe er auf dem Absatz kehrtmacht und einen mit der Qual der Wahl alleine lässt. Wo sollen die dampfenden Kasnocken denn nun eingenommen werden? Zivilisiert an dem schweren Holztisch neben der anthrazitfarbenen Küche oder doch relaxt auf dem Samtfauteuil mit Blick auf die grüne Mischwaldwand vor dem Panoramafenster? Zur Auswahl stünde weiters die per Aufzug erreichbare untere Etage mit dem praktischen Bambus-Tablet auf der freistehenden Badewanne. Und schließlich draußen vor dem dezenten Wohnkubus aus Glas, Stahl und Holz noch ein Whirlpool mit runden Vertiefungen, in die wohl nicht zufällig zwei Weingläser passen.

Die drei Kuben (ein vierter soll noch folgen) stehen völlig isoliert in der Landschaft mit Tiefblick auf das glasklare Flussbett der Salza.
Foto: FourElements - Living by Berger

Hermann Berger heißt der Mann, der einem die Wahl so schwer macht. Er ist der Sohn eines großen Autohändlers in der Region – aber zum Glück eben nicht nur. "Viele hier halten mich für einen Spinner, weil ich nicht vom Geld der Eltern leben wollte. Aber man muss doch auch selbst etwas wagen", sagt er und entflechtet sein Wagnis in eine sympathische Geschichte. Anstatt sich selber teuere Urlaube oder andere Dinge zu leisten, investierte er in der Region und vernetzte sich mit gleichgesinnten Unternehmern aus der Region.

Niedergetrampelte Wiese

Zuerst war da nur das Wirtshaus seines Onkels. An diesem – und mehr noch an der herrlichen Lage am Fluss – hatte ein Investor aus Wien Gefallen gefunden. Zusammen mit ein paar weiteren Objekten wollte er alles in Bausch und Bogen erwerben, den Onkel aber nicht weiter in seinem Wirtshaus kochen lassen. Nun ist zwar nichts über die konkreten Pläne des potenziellen Investors bekannt, wohl aber über die guten Absichten des Neffen. Hermann Berger kaufte das Grundstück neben dem Wirtshaus am Fluss, um zu verhindern, dass hier ein Großprojekt in die Landschaft gepflanzt wird und damit der Onkel bleiben konnte. Die unternehmerische Idee, die darauf folgte, war nur bedingt von Erfolg gekrönt. Zunächst richtete Berger auf dem Gelände, auf dem heute die drei Chalets stehen, einen Campingplatz ein. "Eine super Idee. Wenn die Leute weg sind, bleiben dir nur die niedergetrampelte Wiese und wenig Einnahmen", erinnert er sich. Damals durchdachte er die Sache noch einmal neu.

Die Nacht kostet ab € 175 pro Person; fourelements.world
Foto: FourElements - Living by Berger

"Ich stellte mir einfach die Frage, wo und wie ich Urlaub machen möchte. Die Antwort ist: am liebsten bei mir daheim, aber keinesfalls in einem Hotel." Also errichtete Berger, der nach wie vor das Autohaus der Eltern und noch dazu eine Lackiererei mit rund 40 Angestellten betreibt, die Chalets komplett in Eigenregie. "Und da ich zwar super im Baggern, nicht aber im Einrichten bin, überließ ich das meiner Schwester." Die ausgebildete Bühnenbildnerin Gabriele Berger versteht ihren Job, wie auch an der Auswahl der edlen Stoffe in den Häusern zu erkennen ist – und an den Rechnungen, die sie ihrem Bruder dafür übermittelte. "Da habe ich schon ordentlich geschnauft – aber gute Qualität kostet eben", sagt er abgeklärt. Wobei das so auch wieder nicht stimmt.

Dezent fügen sich die Wohnkuben in die Gegend ein.
Foto: FourElements - Living by Berger

Die junge Riege von Köchen und Produzenten aus der Region, mit denen er sich aus Überzeugung zusammengetan hat, verlangt noch sehr moderate Preise. "Was uns verbindet?", stellt Berger die Frage und beantwortet sie selbst: "Das sind genauso Spinner wie ich, die ohne Neid auf die kleinen Erfolge des anderen was ausprobieren wollen." Gut so, denn würden hier nicht hie und da die Maikäfer aufschlagen, wäre es in diesem Teil des Gesäuses wohl gar ein wenig ruhig. (saum, RONDO exklusiv, 7.6.2020)

Die Reise nach Palfau wurde von Four Elements unterstützt.