Das Hitler-Geburtshaus wird zu einer Polizeistation umgebaut. Das Gebäude soll 2023 der Polizei zur Nutzung übergeben werden.

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Wie das Geburtshaus Hitlers 2023 aussehen soll.

Foto: Marte.Marte Architekten
Foto: Marte.Marte Architekten

Am Dienstag um elf Uhr fand im Innenministerium in der Wiener Herrengasse eine kurzfristig einberufene Pressekonferenz statt. Vorgestellt wurden die Pläne zur Sanierung und zum Umbau von Adolf Hitlers Geburtshaus in Braunau am Inn, Salzburger Vorstadt 15. Um das Gebäude, wie dies in der Vergangenheit öfters vorgefallen ist, als Pilgerstätte für Neonazis unattraktiv zu machen, entschied das Innenministerium in Zusammenarbeit mit einer eigens einberufenen Kommission, das Bauwerk in Zukunft als Polizeistation zu nutzen – konkret als Polizeiinspektion, Bezirkspolizeikommando und polizeiliches Koordinationszentrum.

"Neues Kapitel aufschlagen"

"In Zusammenarbeit mit der Fachkommission haben wir uns dazu entschlossen, aus dem Geburtshaus eines Massenmörders ein neues Kapitel in der Geschichte der Zweiten Republik aufzuschlagen", sagt Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). "Eine Polizeistation ist die geradezu geeignetste Nutzung, denn die Polizei ist die Hüterin der Freiheitsrechte und die Partnerin der Bürgerinnen und Bürger. Persönliche Freiheit, Freiheit der Meinungsäußerung und Versammlungsrecht ist eine der Kernaufgaben der Politik. Genau diese Aufgaben wird das Gebäude in Zukunft in sich tragen."

Dem EU-weiten, offenen, einstufigen Wettbewerb, an dem sich zwölf Architekturbüros aus Österreich, Deutschland und der Schweiz beteiligten, ging ein jahrelanger Diskussionsprozess voraus. Nachdem sich die ehemalige Eigentümerin geweigert hatte, das Gebäude, das in der jüngeren Vergangenheit unter anderem als Schule und als Stützpunkt der Lebenshilfe Österreich genutzt wurde, baupolizeilich und brandschutztechnisch nachzurüsten, ging das Gebäude auf Basis des Enteignungsgesetzes 2017 ins Eigentum des Innenministerium über. Die Enteignung wurde vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform bestätigt.

Rückführung in ursprünglichen Zustand

Sieger des Wettbewerbs ist das Vorarlberger Büro Marte Marte Architekten. Der Entwurf sieht vor, das mehrfach überformte und 1938 von den Nationalsozialisten bewusst zum Monument dramatisierte Biedermeier-Bauwerk aus dem 17. Jahrhundert in seinen ursprünglichen Zustand rückzuführen. Im Anschluss an den denkmalgeschützten Altbau werden zwei Neubauten hinzugefügt, die die für Braunau am Inn typische Dachlandschaft aufnehmen, aber auf neue, zeitgenössische Weise interpretieren. Das Gesamtprojekt wirkt vorarlbergerisch unaufgeregt und zurückhaltend. Zwischen den drei Trakten entstehen begrünte, mit Bäumen bestückte Innenhöfe, die in Zukunft den Mitarbeitern der Polizeistation zur Verfügung stehen.

Fünf Millionen Euro Baukosten

Die Kosten für Sanierung, Umbau und Neubau belaufen sich nach Auskunft von Hermann Feiner, Sektionschef im Innenministerium, auf rund fünf Millionen Euro. Ende 2023, so der Plan, soll das Projekt abgeschlossen und das Gebäude der Polizei zur Nutzung übergeben werden. Der derzeit vor dem Gebäude platzierte Gedenkstein zur Erinnerung an die Folgen des Nationalsozialismus könnte, so Feiner, dorthin wandern, wo die Republik den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg am stärksten reflektiert. Man sei bereits in Gesprächen mit dem Haus der Geschichte Österreich.

Intransparente Kommunikationspolitik des Ministeriums

Ungewöhnlich an diesem offenkundig sachlich und professionell vorbereiteten und abgewickelten Wettbewerb, der drei Siegerprojekte in Gold, Silber und Bronze sowie drei Anerkennungspreise mit sich brachte, ist die wenig transparente Kommunikationspolitik des Innenministeriums. Das gesamte Verfahren wurde geheim gehalten, die Architekten mussten Verschwiegenheitsklauseln mit drastischen Schadenersatzandrohungen unterzeichnen, und die beim Wettbewerb eingereichten Entwürfe sind, wie dies bei öffentlichen Wettbewerben vorgeschrieben ist, öffentlich ausgestellt – allerdings im Bezirksmuseum Braunau am Inn von Dienstag bis Freitag von 13.30 bis 17 Uhr, also ganze 14 Stunden lang. Ein kurzes Kapitel Transparenz für einen niemals endenden Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs. (Wojciech Czaja, 2.6.2020)